Mit einem offenen Brief an Bertelsman-Chef Hartmut Ostrowski machen die Betriebsräte des Gruner + Jahr Verlags auf die Situation bei den Wirtschaftstiteln aufmerksam. So drohe der Umbau zu scheitern, die Wirtschaftmedien seien in ihrer Existenz gefährdet. Das G+J-Management wird scharf kritisiert.
Mit einem offenen Brief, der sich liest wie ein HIlferuf, haben sich die Betriebsräte München und Köln des Gruner + Jahr Verlags an Bertelsmann-Boss Hartmut Ostrowski gewandt, um ihn dazu zu bewegen, beim Umbau der G+J Wirtschaftsmedien einzugreifen. Die Betriebsräte sehen "die gesamte Wirtschaftsmedien-Gruppe von Gruner + Jahr in einer schwerwiegenden existenzgefährdenden Krise". Das Erscheinen der Magazine "Capital", "Impulse" und "Börse Online" sei nicht gesichert, heißt es in dem Brief.
Als Sofortmaßnahmen zum Abwenden der drohenden Krise schlagen die Betriebsräte vor, den geplanten Umbau der Wirtschaftsmedien zu stoppen, "bis die Führungskrise bei den G+J-Wirtschaftsmedien bewältigt ist". Zudem solle der Titel "Capital", den künftig "FTD"-Chefredakteur Steffen Klusmann zusätzlich leiten soll, "als eindeutiges Signal an Redaktion, Leser und Anzeigenkunden", einen eigenen Chefredakteur und nahmhafte stellvertretende Chefredakteure bekommen.
Die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter, die in die neue Firma wechseln, unter deren Dach die Wirtschaftsmedien künftig erscheinen, sollen zudem ohne Gehaltsreduktion erfolgen, um eine Abwanderung der Leistungsträger zu unterbinden.
In ihrem Brief erörtern die Betriebsräte ihre konkrete Sorge, dass die Art und Weise der Durchführung der Zusammenlegung der Redaktionen die einzelnen Titel gefährden könne. Zum Beispiel seien die IT-Systeme der Redaktionen, die künftig gemeinsam an allen Titeln arbeiten, nicht kompatibel. Zudem seien personelle Ressourcen nicht gesichert, wenn in diesen Tagen die März-Ausgaben der Magazine geplant werden müssen.
"Wir wissen nicht, mit welcher Belegschaft dies geschehen soll. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich auf dem Arbeitsmarkt um neue Posten bemühen, weil G+J ihnen bis heute keine verlässlichen, konkreten Angebote unterbreitet hat", schreiben die Betriebsräte.
Die Kritik der Betriebsräte an den Lenkern des Verlages ist scharf. "In unserem Fall müssen wir nun erleben, wie nahezu alle Entscheidungen des G+J-Managements handwerklich so fehlerhaft orchestriert werden, dass die Pläne scheitern werden. Die Bewältigung der gesetzten Aufgabe wird ohne erkennbare Erfahrung im Umgang mit Krisenituationen angegangen. Es gelingt den Managern nicht einmal, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anständig zu kündigen", heißt es in dem Brief an Hartmut Ostrowski.