In einem Interview mit dem "Spiegel" spricht Johannes B. Kerner über die Hintergründe seines Wechsels und sein Verhältnis mit dem ZDF. Zerrüttet sei es nicht, sagt er. Allerdings setzt er so manchen Nadelstich gegen seinen bisherigen Arbeitgeber. Zuweilen habe er sich dort gefühlt wie auf der Hutablage.
Auch wenn es zwischen dem ZDF und Johannes B. Kerner keinen handfesten Streit gegeben haben soll, lief es wohl dennoch im Miteinander in den vergangenen Monaten offenbar nicht mehr ganz so rund. So geht Kerner im Interview mit dem "Spiegel", dessen TV-Tochter seine Sendungen produziert und an der er auch gesellschaftlich beteiligt ist, auf Interna seiner Auseinandersetzung nicht direkt ein. Allerdings deutet er so manches an. "Ich bin in medizinischen Fragen nicht versiert, aber die eine oder andere Durchblutungsstörung hat es im Vorfeld meines Wechsels wohl gegeben", sagte er der Zeitschrift.
Dennoch lässt Kerner durchscheinen, dass es mit seinem bisherigen Arbeitgeber nicht vollends zum Besten bestellt war. So wurde seine Gästeauswahl seiner Talkshow häufig hinterfragt, was für ihn verständlich ist, "denn in diesem gemeinsamen Auto sitzt das ZDF schließlich auf dem Fahrersitz. Das ist auch richtig so. Und das habe ich nie angezweifelt. Meine Rolle war es lediglich, von der Rückbank aus Vorschläge zu machen". Später ergänzt er jedoch: "Vielleicht habe ich mich auch eher gefühlt, als läge ich auf der Hutablage".
"Bedauert" habe Kerner auch, dass er im Zuge der Unterschriftenaktion, die leitende Journalisten des Senders für Nikolaus Brender und gegen eine Einmischung der Politik in die Personalentscheidungen des ZDF gestartet haben, nicht nach einer Beteiligung befragt wurde. "Aber ich glaube, da wurde vor allem nach Hierarchie geschaut, Hauptredaktionsleiter eben", erklärt er sich den Ablauf.
Auch mit Chefredakteur Brender gebe es keinen Streit. "Es gab nur in einer Frage einen Dissenz. Er steht auf dem Standpunkt: Ein Journalist wirbt nicht, und wer wirbt, ist kein Journalist", so Kerner. Darüber habe man sich jedoch mittlerweile intensiv ausgetauscht. Auch wenn man weiterhin geteilter Meinung ist, so sagt Kerner: "Ich hege keinen Groll gegen ihn und zweitens habe ich immer nur zwei Werbeverträge gleichzeitig". Abgesehen von den zusätzlichen Einkünften durch die Werbung sieht Kerner darin einen weiteren wichtigen Vorteil: Die Werbung bringe ihm Aufmerksamkeit, wo er keine habe - so zum Beispiel in jüngeren Zielgruppen, die ihn im ZDF nicht wahrnähmen.
Hinsichtlich der Spekulationen über die Beweggründe für seinen Wechsel sagte Kerner dem "Spiegel": "Das meiste von dem, was jetzt kolportiert wird, ist völliger Unsinn. Fakt ist, dass ich für mein Redaktionsteam Sicherheit schaffen wollte und musste über die Frage, wie es weitergeht. Das hat in diesem Jahr nicht so rechtzeitig geklappt wie sonst üblich". Als "Quatsch" hingegen bezeichnet Kerner die Vermutung, das Verhältnis zwischen ihm und dem ZDF sei zerrüttet.
Über Markus Lanz,der derzeit in manchen Bereichen als Nachfolger Kerners gehandelt wird, habe er ein "völlig entspanntes Verhältnis" Er sei "ein netter Kollege und super-Moderator"."Auf einem Riesentanker wie dem ZDF ist nun wirklich Platz für mehr als einen Conférencier", so Kerner. Auf die Frage, ob Lanz der neue Kerner werde, antwortet der Scheidende: "Keine Ahnung. Ich weiß aber nicht einmal, ob ich es ihm wünschen soll."