Foto: PhotocaseHochkarätig wollte die ARD zum Jahresende auftrumpfen, doch momentan weiß keiner, ob die als Programm-Highlight angekündigte achtteilige Serie „Im Schatten des Verbrechens“ von Dominik Graf rechtzeitig fertig wird. Das im Vorjahr gedrehte Material könnte geschnitten werden. Alle Arbeiten wurden jedoch eingestellt, nachdem WDR als federführender Sender und Marc Conrads Typhoon Film keine Einigung über die während des Drehs entstandenen Mehrkosten erzielen konnten und der Produzent die vorläufige Insolvenz angemeldet hat. Jetzt streiten die Anwälte.

Eine Einigung ist nach Einschätzung der Beteiligten nah. Die Verhandlungen ziehen sich jedoch hin – nicht zuletzt weil allen klar ist, dass es um eine grundsätzliche Weichenstellung im Verhältnis von Sendern, Produzenten und Regisseuren und das Ende der Buddy-Mentalität geht, mit der beim Dreh fiktionaler Programme einseitig auf künstlerische Visionen, aber nicht aufs Budget geschaut wurde.

Jahrzehntelang hat das System hervorragend funktioniert. Budgetüberschreitungen der großen Drei des Fernsehmehrteilers wurden gedeckt. Mal wurde bei den teuren Events ein Teil mehr geschnitten und die gesamte Dramaturgie einer Serie über den Haufen geworfen, nicht nur, um das Material zu verarbeiten, sondern um rein rechnerisch sauber dem Produzenten einen Teil der entstandenen Mehrkosten zu erstatten. Ein anderes Mal einigte man sich auf eine Umverteilung der Rechte und beließ zum Beispiel dem Produzenten die Erlöse aus der Verwertung im Ausland. 

Solche Zitterpartien können sich auf die Dauer nur große Firmen leisten, manch kleines Unternehmen ist daran gescheitert und musste aufgeben. Doch auch die Starken der Branche zogen Konsequenzen und setzen als wirtschaftlich Verantwortliche einer Produktion Grenzen. Oft sind die Produzenten selbst vor Ort. Oder sie delegieren die Verantwortung an durchsetzungsfähige Producer, Produktionsleiter und verantwortungsvolle Head of Departments, die rechtzeitig vor Budgetüberschreitungen warnen.

Das funktioniert und bei den Regisseuren selbst setzte ein Umdenken ein. Die Mehrkosten bei Heinrich Breloers Amphibienfilm „Buddenbrooks“ blieben im vertretbaren Rahmen. Dieter Wedel ist bei seinem aktuellen Dreh des Zweiteilers „Mit Glanz und Gloria“, der im Januar 2010 in der ARD laufen soll, in Drehplan und Budget.

Zuvor reichte oft ein Anruf eines Regisseurs bei einem Intendanten, um künstlerische Visionen durchzusetzen, die zuvor nicht kalkuliert waren. Gegen diese Kumpanei zwischen Sendern und Regisseuren hatten die Produzenten keine Chance. Sie haben sie geduldet, weil zu den ungeschriebenen Terms of Trade gehörte, dass die Mehrkosten übernommen wurden. Die Zeiten, in denen das Portemonnaie so locker saß, scheinen jedoch angesichts des prognostizierten Rückgangs bei den Gebühreneinnahmen der öffentlich-rechtlichen Anstalten und des Rückgangs der Werbeeinnahmen bei den privaten Sendern vorbei zu sein.