
In den ersten beiden Punkten kam die "SZ"-Redakteurin Meike Winnemuth dieser Vorstellung sehr nah - sie schaffte es auf den Kandidatenstuhl und ging schließlich mit stolzen 500.000 Euro nach Hause. Doch in Bezug auf die weiteren Punkte dieses Wunschdenkens geht die Journalistin ihren eigenen Weg. Wenig verwunderlich also, dass die Berichterstattung in Anbetracht ihres quotenträchtigen Auftritts bei "Wer wird Millionär", die sicherlich auch Winnemuths sympathisch-schlagfertigem Auftritt geschuldet war, durchaus umfangreich ausfiel und die Scheinwerfer damit noch ein wenig länger auf die Journalistin strahlten.
Nun meldet sie sich in ihrer Kolumne im "SZ-magazin" sogar selbst zu Wort. Hintergrund ihres Artikels ist dabei Jauchs augenzwinkernde Bitte, nachdem Winnemuth ihren Auftritt mit der stolzen Summe von 500.000 Euro beendet hatte. "Würden Sie mir noch einen Gefallen tun? Würden Sie Ihre Kündigung bei der Süddeutschen Zeitung hier und jetzt übers Fernsehen einreichen?", fragte Jauch - wohl schon ahnend, mit einer unterhaltsamen Antwort rechnen zu können.
Und auch wenn Winnemuth den Moderator mit ihrem Konter "Sie spinnen wohl, Herr Jauch. Stattdessen kaufe ich den Laden!" ganz sicher nicht enttäuschte, mehrten sich in den Tagen nach ihrem Gewinn die ernstgemeinten Fragen aus ihrem Bekanntenkreis, warum sie mit einer solch stolzen Summe auf dem Konto denn noch weiterhin arbeiten gehe. Bei "Wer wird Millionär?" blieb ihr nur das Auswählen von vier vorgegebenen Antworten, nun stellt Winnemuth vor dem Hintergrund der Reaktionen auf ihren Gewinn ihrerseits die Fragen: "Vielleicht ist das die wahre Millionenfrage, nennen wir sie den Günther-Jauch-Test: Wer auf die Frage, ob er beim Gewinn von viel Geld kündigen würde, 'sofort' sagt, sollte vielleicht auch ohne die Million gehen. Denn er ist am falschen Ort und hat fast schon die Pflicht, sich etwas zu suchen, was ihn glücklich macht – man hat nur ein Leben. Aber gehen, wenn man glücklich ist? Aufgeben, was man liebt? Um sich am Rand eines Swimmingpools zu langweilen?"
Damit beantwortet die Redakteurin nicht bloß die Frage nach ihrer persönlichen Lebensplanung in Folge des Gewinns der halben Million, sondern hinterfragt auch die Motivation, mit der ein jeder seinen Lebensunterhalt bestreitet. Manch einem werden solche Überlegungen und Begriffe wie das "Leidenschaftsprinzip" womöglich eher befremdlich vorkommen. Aber Winnemuths etwas eigenwillige Auftritte zeigen in Zusammenhang mit den über acht Millionen Zuschauern auch einmal mehr: Es sind nicht nur die astronomischen Geldsummen, sondern vor allem die Kandidaten und ihr Zusammenspiel mit den Moderatoren, die den Reiz von Quizshows ausmachen. Und bei RTL wird sich auch niemand über weitere Kandidaten beschweren, die mit Witz sowie Ecken und Kanten die Zuschauer vor dem Fernseher fesseln.