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Kaum jemand bei der ProSiebenSat.1 Media AG will in diesen Wochen noch darauf wetten, dass der Call-In-Sender 9Live das nächste Jahr überlebt. Ein müdes Lächeln und Achselzucken sind meist die Reaktionen, die man erntet, wenn man über den ungeliebten Sohn der Senderfamilie spricht. Den Sohn, der nicht einmal zur ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH gehört. Unter diesem Dach versammeln sich zwar die FreeTV-Sender Sat.1, ProSieben, Kabel Eins und Sixx - doch nicht 9Live.

Das Transaktions-TV gehört innerhalb des Konzerns zum Bereich Diversifikation. Viele Jahre lang hat es mit seinen aggressiven und nicht selten fragwürdigen Telefon-Gewinnspielen satte Gewinne abseits der klassischen Werbevermarktung eingefahren. Unter der ehemaligen Chefin Christiane zu Salm wurden die klassischen Werbespots gar völlig abgeschafft. Ein Hauch von TV-Revolution lag in der Luft. Neben Werbe- und Abo-Finanzierung sowie Teleshopping schien sich ein viertes Finanzierungsmodell für lineares Fernsehen zu etablieren.

Der Erfolg lockte Nachahmer, die vom Boom der Call-In-Gewinnspiele profitieren wollten. Zwischenzeitlich war das Genre beinahe auf allen Privatsendern vertreten und nicht gerade im positiven Sinne Teil der deutschen TV-Kultur geworden. Der verschärfte Wettbewerb verschärfte kontinuierlich die Spielmethoden, die unter immer intensiverer Beobachtung standen. Das per se nicht unmoralische Geschäftsmodell Call-In wurde zur größten Zuschauer-Abzocke des vergangenen Jahrzehnts.

Die von aufmerksamen Zuschauern aufgeweckten Medienwächter entdeckten spät aber immerhin Handlungsbedarf. Das Genre Call-In wurde in immer engere Grenzen verwiesen, die Auflagen und Informationspflichten verschärft. Das allein, so erklärte 9Live-Geschäftsführer Ralf Bartoleit noch im vergangenen Sommer in einem seiner seltenen Interviews mit dem Medienmagazin DWDL.de, trage die Schuld am Umsatzrückgang seines Senders.

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Doch die kontinuierliche Aufklärungsarbeit über die Tricks des Call-In-Geschäfts durch aufmerksame und engagierte TV-Zuschauer im Internet hat dort sicher ihren Beitrag geleistet. Immer öfter haben seit 2007 auch größere Medien über das zweifelhafte Geschäft mit den kostenpflichtigen Gewinnspiel-Sendungen berichtet und damit die Aufmerksamkeit eines noch breiteren Publikums gewonnen. So verwundert die Geschäftsentwicklung von 9Live kaum.

Die Umsätze sinken bereits seit 2009 und ProSiebenSat.1-Vorstandschef Thomas Ebeling erklärte im Frühjahr 2010 gegenüber Journalisten offenherzig, dass er bei dem Sender kein Wachstum mehr erwarte. Man müsse bei dem  Geschäftsmodell des Senders immer wieder schauen, ob es noch attraktiv sei. 9Live-Chef Bartoleit sucht seit Herbst 2008 nach neuen Perspektiven für den Sender - und hat bis heute keine gefunden. Das Programm des Kanals ist eine gesendete Resterampe.