Ins Rollen gebracht hat die Diskussion vor allem ProSiebenSat.1-Chef Ebeling. Der empfand die Nachrichtenproduktion 2009 schlicht für zu teuer, verkaufte schließlich N24 und damit die gesamte Nachrichtenproduktion der eigenen Sendergruppe gleich mit. In der Politik und bei Medienhütern ließen seine Äußerungen über den Stellenwert von Nachrichten die Alarmglocken schrillen. Schnell wurden Rufe laut, den Sendern noch genauere Vorschriften zu machen - dabei sind Vollprogramme längst staatsvertraglich dazu verpflichtet, einen gewissen Anteil an Informationsprogrammen zu zeigen.

Ob rigidere Regelungen angesichts dessen die Lösung wären, scheint daher zweifelhaft. Stattdessen diskutiert man nun seit einiger Zeit darüber, statt neuer Verpflichtungen lieber mit einem Anreizsystem zu arbeiten. Die Landesmedienanstalten gaben dafür eigens eine Studie beim Hans-Bredow-Institut in Auftrag, deren Ergebnisse am Donnerstag im Rahmen des DLM-Symposiums in Berlin präsentiert wurden. Darin werden verschiedene Anreiz-Möglichkeiten aufgeführt. So könnte man durch die Lockerung von Werbe-Restriktionen beispielsweise einen Ausgleich für die eingeschränkte Refinanzierbarkeit von Nachrichten oder auch Kindersendungen anbieten, während derer Werbung nur eingeschränkt möglich oder ganz verboten ist. So würde man quasi eine Quersubventionierung ermöglichen.

 

 

Sender, die besonders viele Informationsprogramme oder Kindersendungen im Programm haben, sollen beispielsweise als Ausgleich in der Primetime Einzelwerbespots zeigen dürfen oder Split-Screen-Werbung nicht vollständig auf die Werbezeit angerechnet bekommen. Und die Studie geht sogar noch weiter: "Bei Werbeerleichterungen sind programmübergreifende Ansätze denkbar", heißt es da. Insbesondere für die RTL-Gruppe wäre das wie geschaffen, betreibt sie doch mit Super RTL einen eigenen Kindersender, mit n-tv einen eigenen Nachrichtensender, mit denen man sich dann neue Werbemöglichkeiten auch bei den großen Sendern "erkaufen" könnte.

Die Studie nennt noch allerhand weitere Beispiele, die vor allem als Denkanstöße gedacht sind. Einige Auszüge: Wer viele hochwetige Kindersendungen zeigt, könnte den Must-Carry-Status erlangen - müsste also in Kabelnetze eingespeist werden. Wer nicht nur über Fußball, sondern auch über anderen Breiten- und Bindertensport berichtet, könnte in EPGs gegenüber Wettbewerbern privilegiert werden. Wer sich zu einem besonders hohen Informationsanteil in seinem Programm verpflichtet, könnte Vergünstigungen bei den Kosten für die Übertragungswege erhalten, oder auch Bonuspunkte bei der konzentrationsrechtlichen Betarchtung - was erneut besonders für die Mediengruppe RTL Deutschland interessant wäre, weil sie aufgrund der zuletzt stark gestiegenen RTL-Marktanteile an dieser Stelle langsam ein Problem bekommt.

All das müsste für die beiden großen Sendergruppen sehr verlockend klingen. Doch zumindest öffentlich gaben sich sowohl Anke Schäferkordt als auch Andreas Bartl am Donnerstag noch etwas reserviert. Vor allem fürchtet man, dass mit den Anreizen auch weitere Regulierung einher geht - und damit trifft man einen wunden Punkt der Sender. "Die Regulierung ist in eine Schieflage geraten", meint beispielsweise RTL-Chefin Schäferkordt. Kein anderes Medium sei so sehr "durchreguliert" wie die TV-Sender - keinesfalls dürfe also noch obendrauf gesattelt werden.

Insbesondere befürchtet sie, dass das Level, das die RTL-Gruppe im Nachrichtenbereich erreicht hat und das - wie man auch im Vergleich zu ProSiebenSat.1 sehen kann - deutlich über den staatsvertraglich festgelegten Anforderungen liegt, nun zum neuen regulatorischen Standard gemacht werden könnte. "Wir sind nicht bereit, dass das, was wir schon geleistet haben, künftig als selbstverständlich angesehen wird", so Schäferkordt. Geschehe das, könne man sich sicher sein, dass künftig niemand mehr machen werde als unbeding nötig.

Doch letztlich geht es bei diesem Gefecht wohl eher darum, auf welcher Basis man ein mögliches neues Anreizsystem aufsetzt. Denn interessant wäre es für die beiden Sendergruppen natürlich allemal. Schäferkordt, die sich in den letzten Monaten schon häufiger für die Schaffung eines solchen Anreizsystems ausgesprochen hatte - auch, weil davon die RTL-Gruppe deutlich stärker proftieren dürfte als ProSiebenSat.1 - nannte vor allem die konzentrationsrechtlichen Bonuspunkte als wünschenswert, Bartl bezeichnete die Liberalisierung von Werbe-Beschränkungen als "nicht uninteressant".