Die Diskussion über das, was im Fernsehen erlaubt ist, ist wohl so alt wie das Fernsehen selbst - auch der Beinahe-Unfall bei "Wünsch dir was" aus den 70ern, bei dem einige Personen quasi in letzter Sekunde vor dem Ertrinken gerettet wurden, hat die Entwicklung des Fernsehens zu immer weiteren Extremen nicht aufhalten können. Kaum zu glauben, dass der tragische Unfall von Samuel Koch bei "Wetten, dass..?" im vergangenen Dezember zu einem Umdenken führen wird.

Und dennoch: Spurlos ist der Unfall insbesondere auf dem Lerchenberg nicht über die Bühne gegangen. "Unsere Arbeit leidet noch immer darunter", sagte Christoph Stoll aus der Hauptredaktion Show des ZDF am Dienstag auf dem Medienforum.NRW. "Es sitzt tief." Auch bei dem Biker, der in der Mallorca-Ausgabe von "Wetten, dass..?" aufgetreten sei, habe er bisweilen ein ungutes Gefühl gehabt.

Trotz scheint die Devise zu gelten: The Show must go on - ein Vorgehen, das Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, als "scheinheilig" bezeichnete. Mit Blick auf immer mehr lebensgefährliche Sportarten, für die die Sender viel Geld bezahlen, sagte er: "Keiner soll sagen, dass er nicht gewusst hat, dass jemandem etwas passieren kann." Auch im Fall von Samuel Koch habe ein Risiko bestanden, das das ZDF offenbar in Kauf genommen habe. Nun von einer Fürsorgepflicht zu sprechen, sei lächerlich.

Schneider teilte auch in Richtung RTL aus: "Für viele Jugendliche ist Dieter Bohlen ein Trauma", sagte er in Köln und kritisierte damit die überaus erfolgreichen Castingshows "Deutschland sucht den Superstar" und "Das Supertalent", die beide von Grundy Light Entertainment produziert werden. Jens Bujar, der als Creative Director für die Produktionsfirma tätig ist, wollte diesen Vorwurf in der Diskussionsrunde jedoch nicht auf sich sitzen lassen, zumal jeder Kandidat vor der Ausstrahlung ein Veto einlegen und die Ausstrahlung dadurch verhindern könne.

ZDF-Mann Christoph Stoll betonte in diesem Zusammenhang die schwer zu ziehenden Grenzen. "Viele Dinge sind unanständig, weil der Kandidat nicht geschützt wird", sagte er und fügte hinzu: "Aber wo geht es in die Entmündigung?" Das wollte Publizist Alexander Kissler so allerdings nicht alleine gelten lassen. Er pochte stattdessen auch auf eine Verantwortung der Sender. "Die meisten Menschen wissen nicht, wie sie in bestimmten Situationen in der Öffentlichkeit wirken", sagte Kissler.

Dass "DSDS" alleine wegen Bohlens Sprüchen derart viele Zuschauer erreicht, glaubt man bei Grundy Light Entertainment jedoch nicht. "Nur mit Demütigungen lassen sich keine acht Millionen zuschauer erreichen", sagte Bujar, gab zugleich aber zu, die Realität zu dramatisieren. Dies sei jedoch vergleichbar mit den Zusammenfassungen von Fußballspielen, bei denen auch nur Tore und rote Karten gezeigt würden.