Seit Erich Brost und Jakob Funke einst gemeinsam die WAZ gründeten, gehörte das Verlagshaus je beiden Familienstämmen zu 50 Prozent. Nun ist die Doppelherrschaft beendet. Die monatelangen Verhandlungen über die Übernahme des 50-prozentigen Anteils der Brost-Erben durch die zum Funke-Stamm gehörende Petra Grotkamp sind am Montag endlich zu einem Ende gekommen. Petra Grotkamp ist zusammen mit ihren bisherigen Anteilen nun im Besitz von 66,66 Prozent der Anteile an der WAZ-Mediengruppe. Das Kartellamt hat der Transaktion, die rückwirkend zum 31.12.2011 abgewickelt wird, bereits zugestimmt. Rund eine halbe Milliarde Euro musste Petra Grotkamp dafür offenbar auf den Tisch legen.
Der Brost-Testamentsvollstrecker Dr. Peter Heinemann hat seine Unterschrift unter den Vertrag zwar geleistet, zeigt sich in einer offiziellen Presseerklärung aber nicht gerade glücklich. Am 25. August vergangenen Jahres habe ihm der Vater der drei von Erich Brost eingesetzten Erben einen ohne seine Kenntnis ausgehandelte Vereinbarung über den Verkauf der Anteile an Petra Grotkamp vorgelegt. Die Erben erklärten, sie hätten kein Interesse an der WAZ und baten Heinemann, den Verkauf vorzunehmen, da sie andernfalls nach Ablauf der Testamentsvollstreckung im Juli 2015 ohnehin selbst verkaufen würden. Diesem Verkauf habe er "schweren Herzens" zugestimmt.
"Als Testamentsvollstrecker schulde ich dem Erblasser Loyalität, doch liegt es nicht in meiner Macht, Entscheidungen der Familie des Erblassers, die dem Erblasserwillen widersprechen, zu korrigieren; ich kann solche Entscheidungen nur für die Dauer der Testamentsvollstreckung aufhalten. Das aber hätte für das Unternehmen einen mehr als dreijährigen, kaum vertretbaren Schwebezustand bedeutet." Den Verkaufspreis bezeichnete er als fair. Der von Springer mitten im laufenden Verkaufsprozess gebotene höhere Verkaufspreis habe nicht realisiert werden können, da die Gesellschafterverträge schlicht vorsahen, dass WAZ-Beteiligungen nur innerhalb der Gründerfamilien veräußert werden dürfen. Petra Grotkamp wurde unterdessen die Auflage gemacht, mindestens für ein Jahr keine Konzerngesellschaft weiter zu verkaufen.
Auch Heinemann fügt aber an, dass durch das Ende der Doppel-Herrschaft die Entscheidungswege nun erleichtert werden. "Das Ende des bisherigen Einigungszwanges zwischen den beiden Gründerfamilien erleichtert die Entscheidungsfindung im Konzern. Für die Zukunft ist dies eine wichtige Voraussetzung, die WAZ Mediengruppe weiter auszubauen."
Klaus Schubries, Bevollmächtigter der Funke-Familien-Gesellschaft (FFG), begrüßte unterdessen ausdrücklich, dass der Verkauf an Petra Grotkamp nun über die Bühne gebracht wurde. "Ich bringe damit die Hoffnung zum Ausdruck, dass es uns gemeinsam in der Einigkeit, die bei den letzten FFG-Sitzungen praktiziert worden ist, gelingen wird, die WAZ Mediengruppe erfolgreich in die Zukunft zu führen und weiter zu entwickeln. Die in der Funke-Familien-Gesellschaft zusammengeschlossenen Stämme der Funke-Familie werden nun gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft für die WAZ Mediengruppe in Angriff nehmen."
Eine erste direkte Auswirkung im operativen Geschäft gibt es auch schon: Der von der Brost-Seite bestellte WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach scheidet aus der Unternehmensführung aus. Dies sei "seit Langem einvernehmlich vereinbart", so Hombach in einer Presse-Erklärung. Hombach: "Von Anfang an habe ich den Verkauf der WAZ-Anteile der Brost-Erben an Frau Grotkamp als richtig erachtet. In der jetzigen Neuordnung der Gesellschafterverhältnisse sehe ich eine große Chance für eine neue WAZ-Ära in einer im Umbruch befindlichen Medienlandschaft. Ich freue mich darüber, dass Gesellschafter die Mehrheit übernehmen, die in der Tradition der WAZ Mediengruppe stehend sich den neuen Herausforderungen stellen. Ich werde der WAZ Mediengruppe weiterhin freundschaftlich verbunden bleiben." Auf Wunsch der jetzigen Eigentümer-Familien Grotkamp, Schubries und Holthoff-Pförtner werde er die WAZ-Gruppe weiterhin im Initiativkreis Ruhr präsentieren und zudem dem Unternehmen weiter beratend zur Verfügung stehen.