Eher unscheinbar schienen zunächst die Aussagen des neuen ZDF-Intendanten Thomas Bellut in der "Zeit" vor wenigen Tagen - doch hinsichtlich der Zukunft des Digitalsenders ZDFkultur steckte in ihnen reichlich Zündstoff dahinter. "Wir müssen uns schon fragen, wie viele Digitalkanäle wir stemmen können", antwortete Bellut auf die Frage, ob er denn für alle drei Kanäle kämpfen werde. "Wir sind ja von der Gebührenkommission KEF angehalten, in erheblichem Umfang Personal abzubauen, deshalb müssen wir uns stärker fokussieren." Priorität haben demnach ZDFinfo und ZDFneo - für ZDFkultur gab es allenfalls ein paar warme Worte mit auf den Weg.

Er habe "auch ein Herz für ZDFkultur", ließ sich Bellut zitieren und sagte: "Viele Angebote gefallen mir gut." Doch ein klares Bekenntnis zu jenem Sender, der erst im vergangenen Jahr mit großem Aufwand vom Theater- zum Kulturkanal umgewandelt wurde, blieb aus. "Ich muss die Diskussion führen. Wir haben uns vorgenommen, nach dem ersten Halbjahr Bilanz zu ziehen und darüber im Herbst auch mit den Gremien zu beraten." Und so scheint es, als stehe die Zukunft von ZDFkultur tatsächlich auf der Kippe - erst recht, nachdem das ZDF von der KEF zum Sparen gezwungen wurde, weil der Sender zuvor Auflagen missachtet hatte.

Die unsichere Zukunft von ZDFkultur wird nun auch im Programm deutlich: Nach DWDL.de-Informationen wird die täglich ausgestrahlte Sendung "Der Marker" am 30. September zum letzten Mal ausgestrahlt - und das, obwohl das Format doch eigentlich als Aushängeschild des Senders etabliert werden sollte. Seit dem Sendestart wird im "Marker" täglich über die "Popkultur aus der analogen und digitalen Alltagswelt" berichtet. Doch das hat nun ein Ende, wie das ZDF auf Nachfrage gegenüber DWDL.de bestätigte. "Nach einer Priorisierungsentscheidung der Geschäftsleitung wird das tägliche Format 'Der Marker' auf dem Digitalkanal ZDFkultur zum 1. Oktober 2012 eingestellt", heißt es aus Mainz.

Als Grund führt der Sender die notwendige Sparmaßnahmen an, die erst deshalb nötig wurden, weil sich das ZDF in der Vergangenheit über Vorgaben der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hinweggesetzt hatte. "Die Redaktion hat mit dem 'Marker' ein innovatives, junges, crossmediales Kulturformat entwickelt, das stark auf eine Vernetzung mit den Zuschauern setzt", lässt das ZDF gegenüber DWDL.de nun ausrichten. "Nach der Einstellung der Sendungen 'blickpunkt' und 'Nachtstudio' im Hauptprogramm ist diese Maßnahme ein weiterer unumgänglicher Schritt im Rahmen des Priorisierungsprozesses zur Umsetzung der Sparauflagen der KEF."

Die Entscheidung trifft voraussichtlich vier bis fünf Mitarbeiter, die nun entlassen werden. Aus einem Bericht der KEF-Prüfer war Ende vergangenen Jahres hervorgegangen, dass das ZDF in den Jahren 2007 und 2009 zwar jeweils zugesagt hat, Stellen abzubauen - tatsächlich wurden aber zusätzliche Posten geschaffen. Insgesamt geht es um 180 Stellen, obwohl zunächst von einem Abbau von 59 Stellen und später sogar von 128 Stellen die Rede war. Gegenüber dem Ausgangsjahr 2008 zeigte die Planung somit "eine Steigerung von 308 besetzten Stellen". Das ZDF hat also ganz bewusst mehr Mitarbeiter beschäftigt als vorgesehen - nicht zuletzt zum Ausbau seiner Digitalsender.

Dass man nach dem KEF-Bericht nun unter anderem genau dort auf die Kostenbremse treten muss, sollte die Senderführung also nicht überraschen. In einem hausinternen Schreiben an alle ZDF-Mitarbeiter appellierte der Vorstand der Gewerkschaft ver.di im ZDF inzwischen an den ZDF-Intendanten, seine Ziele für die sogenannte Priorisierung zu benennen und mit allen Mitarbeitern offen zu diskutieren. "Das ist jetzt wichtiger als eine Sympathie-Offensive in Zeitungsredaktionen. Denn ein Programm, das von verunsicherten Menschen allein nach Kassenlage gemacht wird, wird unserem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag nicht gerecht werden", so ve.rdi.

Zugleich weist die Gewerkschaft darauf hin, dass "Der Marker" bislang von vielen Mitarbeitern gemacht wurde, "die arbeitsrechtlich schlecht abgesichert" seien. Zudem heißt es, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem redaktionellen Konzept vor Absetzungs-Entscheidung nicht stattgefunden habe - die zuständige Redaktion des "Markers" sei jedenfalls nicht eingebunden worden. Das Aus der Sendung sei jedenfalls ein "falsches Zeichen". Und so darf man also gespannt sein, ob das Ende des täglichen Magazins nicht so etwas wie der Anfang vom Ende von ZDFkultur ist.