"Halten Sie es für völlig ausgeschlossen, wenn man mal redet?" Mit diesen Worten rief der Vorsitzende Richter der Wettbewerbskammer des Kölner Landgerichts, Dieter Kehl, schon im vergangenen Jahr Verleger und Öffentlich-Rechtliche dazu auf, sich im Streit um die "Tagesschau"-App außergerichtlich zu einigen. Seither wurde zwar viel gesprochen, doch passiert ist nichts. Gespannt wurde daher auf die zweite Verhandlungsrunde gewartet. Dabei machte das Gericht nun deutlich, die App nicht verbieten zu wollen.

"Wir werden die 'Tagesschau'-App nicht verbieten oder nicht nicht verbieten", sagte Richter Kehl. "Das Einzige, was wir tun können, ist, eine Momentaufnahme zu liefern." Zugleich unterstrich er, dass die Verleger den Schwerpunkt auf Text und Foto legen müssten, während sich die öffentlich-rechtlichen Sender schwerpunktmäßig um Audio und Video kümmern sollen. Eine feste Definition sei allerdings schwierig. "Es geht darum, wo kann man Presseähnlichkeit festmachen oder wo scheidet sie aus", sagte Kehl.

Aus Sicht der Verlage handelt es sich bei der "Tagesschau"-App um eine textdominierte Berichterstattung ohne Sendungsbezug - und damit um ein presseähnliches Angebot, das ARD und ZDF verboten sei. Die ARD mache mit dem kostenfreien Angebot den gerade entstehenden Markt für kostenpflichtige Nachrichten-Apps kaputt. Bei der ARD sieht man das freilich anders: Dort betont man, dass die Videos sehr wohl im Mittelpunkt stünden und es sich zudem nur um eine andere Aufbereitungsart der auch unter tagesschau.de ohnehin bereitgestellten Inhalte handle.

"Die heutigen Äußerungen des Richters zeigen, dass sich die Diskussion um die 'Tagesschau'-App juristisch nur schwer klären lässt. Es geht vor allem um eine medienpolitische Lösung", sagte die ARD-Vorsitzende Monika Piel am Donnerstag in einer ersten Stellungnahme. "Deshalb sollten wir unverzüglich wieder zurück an den Verhandlungstisch kommen." Die ARD sei "stark an einer Vereinbarung interessiert", betonte Piel und fügte hinzu: "Für uns steht im Vordergrund, dass wir eine medienpolitische Klärung wollen, einen Interessenausgleich, damit beide Seiten im Internet ihren Platz finden und ihr spezifisches Publikum erreichen."

Sie selbst werde nun umgehend das Gespräch mit den Verlegern suchen, auch wenn der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff, neue Verhandlungen erneut abgelehnt habe. BDZV-Präsident Helmut Heinen hatte im Vorfeld bereits deutlich gemacht, im Falle eines Scheiterns vor Gericht nicht locker lassen zu wollen. "Wenn wir juristisch scheitern sollten, dann stehen wir wieder bei der Politik vor der Tür und sagen: Das, was ihr mit dem Staatsvertrag regeln wolltet, hat offenbar nicht geklappt. Bitte handelt!", so Heinen, der eine Einigung nach wie vor für möglich hält.

Das Urteil wird für den 27. September erwartet, es sei denn, dass sich die Parteien bis dahin verständigten. "Wir schließen das nicht aus", sagte Heinen nach der Verhandlung am Donnerstag. Eine Verständigung müsse jedoch sachlich gerechtfertigt sein. "Wir werden nicht hinter die im Februar gemeinsam mit den Intendanten von ARD und ZDF ausgehandelte Vereinbarung zurückgehen."