Es ist schon ein kurioses Schauspiel, das da alljährlich in Los Angeles geboten wird: Um 5:40 Uhr morgens werden die Nominierungen für die Primetime Emmy Awards bekannt gegeben. Dazu lässt man stets auch namhafte Schauspieler oder Moderatoren antreten, die die Nominierungslisten ohne weitere Ausführungen verlesen - und sich nach gerade mal sieben Minuten wieder schlafen legen können, denn länger dauert die ganze Veranstaltung nicht. In diesem Jahr stand neben Kerry Washington aus "Scandal" noch ABC-Late Night-Star Jimmy Kimmel auf der Bühne, nachdem der eigentlich vorgesehene Nick Offerman wegen Flug-Verspätungen angesichts der Wetterkapriolen kurzfristig absagen musste. Kimmel, der nur wenige Stunden zuvor den entsprechenden Anruf erhalten hatte, erschien folgerichtig auch im Schlafanzug.

Die Branche wollte sich freilich weniger auf seinen Anzug aus der Husky-Baby-Kollektion konzentrieren, als auf die Nominierungslisten für die 64. Primetime Emmy Awards. Und dort finden sich in diesem Jahr am häufigsten die Namen "Mad Men" von AMC und "American Horror Story" von FX. Jeweils 17 Mal tauchen sie in den unzähligen Kategorien auf.

"Mad Men" ist dabei als Titelverteidiger auch wieder in der Königskategorie "Beste Drama-Serie" nominiert. Weitere Nominierte hier: "Boardwalk Empire", "Breaking Bad", "Homeland", "Game of Thrones" sowie "Downton Abbey". "Downton Abbey" ist eigentlich eine britische Produktion, wird aber über den öffentlich-rechtlichen Sender PBS auch bei den Emmys eingereicht. Im vergangenen Jahr wählte man noch die Kategorie "Miniserie", die "Downton Abbey" damals auch für sich entschied. Diesmal probiert man es im noch heißer umkämpften Dramaserien-Bereich. Mit insgesamt 16 Nominierungen steht "Downton Abbey" den meistnominierten Serien dabei ohnehin kaum nach.

Auch in den personalen Kategorien stehen "Downton Abbey"-Darsteller hoch im Kurs. Hugh Bonneville muss allerdings gegen so namhafte Gegner wie Steve Buscemi, Michael C. Hall, Bryan Cranston, Jon Hamm und Damian Lewis antreten, Michelle Dockery seiht sich Julianna Margulies, Elisabeth Moss, Kathy Bates, Claire Danes und Glenn Close gegenüber.

"American Horror Story" tritt im Gegensatz dazu übrigens in der Kategorie "Miniserie/Film" an und trifft dort mit "Sherlock: A Scandal in Belgravia" und "Luther" von BBC America auf zwei weitere eigentlich britische Produktionen. Nominiert ist hier neben "Game Change" und "Hemingway & Gellhorn" von HBO auch noch "Hatfields & McCoys": Die Miniserie hat dem History Channel in Amerika kürzlich sensationelle Einschaltquoten beschert, die Emmy-Nominierung dürfte die Sender-Verantwortlichen da nur weiter auf dem Weg bestärken, mehr fiktionale Stoffe zu produzieren.

Im Sitcom-Bereich kann sich erneut Vorjahres-Sieger "Modern Family" Hoffnung machen, nicht nur als beste Comedy-Serie ausgezeichnet zu werden, sondern auch sonst abzuräumen. 14 Nominierungen gehen auf das Konto der ABC-Sitcom, mehr als bei jeder anderen Comedy. "30 Rock" folgt mit 13 Nennungen allerdings knapp dahinter. Als beste Comedy-Serie sind neben diesen beiden auch noch "The Big Bang Theory" von CBS sowie von HBO der Klassiker "Curb your Enthusiasm" und die beiden Neustarts "Girls" und "Veep" nominiert. Auffällig dabei: Während die Drama-Serien-Kategorie schon seit vielen Jahren von Pay-TV- und Kabelsendern dominiert wird, ist HBO in diesem Jahr auch im Sitcom-Bereich sehr stark vertreten. Im vergangenen Jahr war diese Kategorie noch reines Network-Terrain.

"Two and a half Men" findet sich auch in Jahr 1 nach Charlie Sheen nicht unter den Nominierten für die beste Sitcom, dafür kann sich aber Jon Cryer wieder über eine Nominierung freuen - und das erstmals nicht mehr für eine Neben-, sondern eine Hauptrolle. Ebenfalls nominiert ist hier unter anderem Don Cheadle aus dem Showtime-Neustart "House of Lies". Auch unter den Hauptdarstellerinnen finden sich einige Namen aus Neustarts: Zooey Deschanel für "New Girl", Lena Dunham für "Girls" und Julia Louis-Dreyfus für "Veep".

Und dann gibt es da noch eine Dame im reiferen Alter, die es auch 2012 wieder auf die Nominierungszettel geschafft hat: Betty White. Nachdem sie im vergangenen Jahr für ihre Sitcom "Hot in Cleveland" eine Nominierung für die beste Nebenrolle in einer Comedy-Serie eingeheimst hat, schaffte sie es nun mit ihrem neuesten Format "Betty White's Off Their Rockers", der US-Adaption von "Benidorm Bastards", in die Herzen der Academy-Mitglieder. Sie tritt nun kurioserweise gegen die Moderatoren von "So you think you can dance", "The Amazing Race", "American Idol" und "Dancing with the Stars" in der Kategorie "Outstanding Host for a Reality or Reality-Competition Program" an. Das dürfte nicht zuletzt in Unterföhring für Jubel sorgen: Produziert wird das Format von Kinetic Content - der US-Tochter der Red Arrow Entertainment Group, dem Produktions-Arm von ProSiebenSat.1.

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