"Wenn man das Programm von ProSieben charakterisieren soll, dann muss man inzwischen schon fast von einem Sitcom-Spartenkanal sprechen", urteilte DWDL.de bereits im Sommer vergangenen Jahres. Und seitdem hat der Sender die Sitcom-Schraube noch weiter angezogen: Gelacht werden soll längst nicht mehr mehr nur in zehn von zwölf Stunden des Tagesprogramms, das nur noch "Galileo", die kurzen Nachrichten und "taff" als Alternativen zu bieten hat, sondern auch auf immer mehr Primetime-Sendeplätzen.

Zum Comedy-Dienstag gesellten sich zunächst einzelne Sendestunden am Mittwoch. Doch längst sind mit "Simpsons" und "Big Bang Theory" zwei der erfolgreichen US-Comedys am Montag beheimatet, die bald noch durch die neue Joko-und-Klaas-Show "Circus Halligalli" ergänzt werden, was den Montag durchgehend zum zweiten Comedytag macht. Die anderen Serien wie "Fringe" oder "Falling Skies" wurden dafür auf den sehr ungünstigen Sendeplatz am späten Freitagabend verbannt. Und ab Ende März gibt es bei ProSieben nun auch noch mittwochs eine Sitcom-Monokultur.

Am 20. März läuft "Private Practice" zum letzten Mal. Die Serie endete kürzlich in den USA. Die Ausstrahlung der aktuellen "Grey's Anatomy"-Staffel unterbricht ProSieben nach rund der Hälfte der ausgestrahlten Folgen - was schon deswegen nötig ist, weil man inzwischen nah an die US-Ausstrahlung herangerückt ist. Ab dem 27. März gibt's um 20:15 Uhr stattdessen die achte Staffel von "How I Met your Mother" zu sehen. Zum Auftakt wird eine Doppelfolge ausgestrahlt, in den Wochen danach jeweils zunächst eine neue Folge, dann um 20:45 Uhr eine Wiederholung. "How I Met your Mother" rückt damit auf ihren bislang prominentesten Sendeplatz vor.

Ab 21:15 Uhr zeigt ProSieben die zweite Staffel der Serie "New Girl". Hier soll es jede Woche zwei neue Folgen geben. Für die Zeit ab 22:15 Uhr, die ProSieben bislang mit "How I Met your Mother"-Wiederholungen bestritt, kommt eine weitere neue Sitcom ins Programm: "The New Normal". Zum Auftakt gibt's eine Doppelfolge, eine Woche später kommt ab 22:45 Uhr "Suburgatory" dazu. In "The New Normal" geht es um ein schwules Paar, das beruflich äußerst erfolgreich ist, dem zum vollendeten Glück aber vor allem eines fehlt: Ein Kind. Zumindest so lange bis die junge Goldie, ihrerseits Single, Mutter einer frühreifen Tochter und pleite, zu den Beiden zieht und Leihmutter ihres Kindes wird.

In den USA startete die Serie im vergangenen Herbst bei NBC - und verlor dort nach einem gelungenen Start inzwischen über die Hälfte ihrer Zuschauer. Ob es angesichts dessen für eine zweite Staffel reicht, ist aktuell völlig unklar. Dass ProSieben nun dieser Sitcom trotzdem einen vergleichsweise großen Auftritt in der Primetime verschafft, wirft ein Schlaglicht darauf, dass die Ausdehnung der Sitcom-Flächen im Programm ProSieben schon jetzt vor ein Nachschub-Problem stellt.

Denn vor "The New Normal" steht Ende Februar bereits der Start von "Don't trust the B---- in Apartment 23" an. ProSieben gönnt der Sitcom, die hierzulande unter dem verkürzten Titel "Apartment 23" zu sehen sein wird, zum Start sogar den Platz direkt im Anschluss an den Auftakt der nächsten Topmodel-Staffel. Das Problem ist nur: In den USA wurde die Serie nach 18 ausgestrahlten Folgen kürzlich bereits abgesetzt. Auch wenn noch acht weitere Folgen produziert wurden: Zukunft hat diese Serie nicht. Sogar nur auf zwölf Folgen bringt es "Are you there, Chelsea?", das ab 19. März dienstags in Doppelfolgen gezeigt wird. Hier ist also schon nach sechs Wochen wieder Schluss.

Doch welche neuen Sitcoms hätte ProSieben auch sonst ins Programm nehmen sollen? Nachdem in der letzten Saison Serien wie "Modern Family" oder "The Big Bang Theory" noch einmal kräftig zulegen konnten, haben die Networks in den USA zwar so viele Sitcom-Sendeplätze wie lange nicht geschaffen - doch anders als im vergangenen Jahr, als man mit "2 Broke Girls" oder "New Girl" einige Neustarts erfolgreich platzieren konnte, gibt es in dieser Saison bislang keinen einzigen neuen Sitcom-Hit bei den großen Networks. Selbst die lange Zeit so gut gelaufene Matthew-Perry-Sitcom "Go On" hing nur am Tropf von "The Voice" und ist inzwischen zum Flop mutiert.

Bleibt der Blick zu den Kabel- und Pay-TV-Sendern - und natürlich gibt es dort Perlen wie "Girls" oder "Veep". Doch neben der Frage der Massentauglichkeit ergibt sich hier noch ein ganz anderes Problem: Anders als im Network-Fernsehen werden im Kabel- und Pay-TV-Bereich in der Regel nur acht bis zwölf Folgen pro Jahr produziert. Angesichts der ProSieben-Angewohnheit, jeweils eine ganze Stunde mit einer Sitcom füllen zu wollen, kann man sich leicht ausrechnen, dass dort schnell der Stoff ausgeht. Insofern bleibt die Frage, ob es wirklich so glücklich ist, alles auf die Comedy-Karte zu setzen und andere Programmfarben zunehmend brachliegen zu lassen.