Im Mai des vergangenen Jahres verblüffte eine Pressemitteilung die Fernsehbranche: RTL produziert gemeinsam mit der BBC sowie zwei weiteren Partnern eine Wildlife-Dokumentation. Das hatte der Kölner Sender noch nie getan. Und dann soll die Doku auch noch zur besten Sendezeit laufen. Jetzt, neun Monate später, bekam die Fernsehwelt beim BBC Showcase in Liverpool erstmals Bilder von „Hidden Kingdom“ zu sehen. Knapp 700 Gäste waren gekommen um beim stimmungsvoll inszenierten Dinner im Liverpool Convention Center die Highlights des Natural History-Departments der BBC zu sehen. Dazu gehörte die fünfteilige Doku-Reihe „Africa“, die in Großbritannien schon erfolgreich gelaufen ist und jetzt international verkauft wird. Und eben die mit Spannung erwartete Sneak-Preview auf das BBC-Highlight für 2014: „Hidden Kingdom“, koproduziert mit RTL, France2 und Discovery.



Die Reaktionen des Fachpublikums waren eindeutig: Das wird eine Revolution. Die Geschichte von fünf Kleintieren wird mit neuester Kameratechnik und einer Spannung, wie man sie im Bereich der Wildlife-Doku bislang nicht kannte, konsequent aus deren Perspektive erzählt. Und mit dabei der Kölner Sender RTL. Wie kam es dazu? „Wir haben mehrfach sehr erfolgreich mit der BBC koproduziert. Das letzte große Ding war ,9/11 - Die letzten Stunden im World Trade Center‘, wo wir bei Idee und Umsetzung von Anfang an dabei waren. Dieses Doku-Drama lief sehr erfolgreich mit 30 Prozent Marktanteil. Wenn die BBC und wir zusammenkommen, dann sind das universelle Themen, große Themen, wo wir voneinander profitieren und eine große Schnittmenge haben“, sagt Agnes Ostrop, Leiterin Infotainment Primetime/Special Projects bei RTL und beim Sender verantwortlich für das Projekt.

„Hidden Kingdom“ sei eben keine normale Wildlife-Doku. „Hier geht es um eine Weiterentwicklung des Genres mit spannendem Storytelling“, erklärt Ostrop im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. „Mit dem Einsatz modernster Kameratechnik konnten wir zusammen mit der BBC Bilder einfangen, die sehr eindringlich eine ganz andere Wahrnehmung der Welt vermitteln, denn für ein Streifenhörnchen ist ein Hagelkorn wie ein Meteorit. Und für eine Wüstenmaus ist ein Windzug wie ein Tornado, ein normaler Regenguss schon wie ein Tsunami. Von der Wahrnehmung von Größe mal gar nicht zu reden. Mit der Kameratechnik nah dran an den kleinen Tieren, fühlt der Zuschauer sofort mit, wenn unsere Protagonisten auf Nahrungssuche gehen, kämpfen oder flüchten müssen. Es sind sehr sympathische Mini-Helden. Das ist es, was uns gereizt hat.“

Für RTL ist es eine konsequente Weiterentwicklung des Doku-Genres. Man adaptiert die erfolgreichen Erfahrungen aus einem anderen Factual-Segment, den Coaching-Formaten: Character-driven, nennt es die BBC. Themen werden also durch die Empathie des Publikums für möglichst starke Charaktere besonders nahe gebracht. Was Rach, Zwegat und Co. in ihrem Segment geschafft haben, gelingt auch den Protagonisten von „Hidden Kingdom“: Den Zuschauer auf Anhieb für sich zu gewinnen. Das neue Projekt von BBC und RTL ist deshalb so viel mehr als nur eine weitere Dokumentation. Darüber sind sich auch in Liverpool alle einig. Eigentlich sollte es an dem Abend darum gehen, den Verkauf von „Africa“ anzukurbeln. Doch gesprochen wurde an den Tischen über das außergewöhnliche „Hidden Kingdom“.

Auch Agnes Ostrup freut sich sehr über die ersten Szenen von „Hidden Kingdom“ - und stapelt dennoch erstmal tief. Noch sei die Produktion ja nicht komplett fertig. Erst im November soll es soweit sein. Deswegen ist es logischerweise noch viel zu früh über Sendeplätze zu sprechen. Aber klar ist: „Hidden Kingdom“, das in Deutschland vermutlich noch einen neuen Titel bekommt, soll als Primtime-Event über den Sender gehen. Ein mutiges Experiment von RTL und allein deswegen schon ein Highlight der kommenden Saison, denn so wagemutig waren die Kölner schon lange nicht mehr. „Wir glauben, dass das etwas ganz Besonderes ist. So etwas haben unsere Zuschauer, hat noch niemand, gesehen“, ist sich Ostrop sicher.

„Wir arbeiten hier mit den erfahrensten Producern der BBC, die ,Life‘, ,Planet Earth‘ oder ,Blue Planet‘ gemacht haben. Da kommt die beste Technik auf dem Markt mit dem besten Know-How zusammen. Das macht einen Heidenspaß mit denen zu arbeiten. Das sind Perfektionisten - mit Geduld. Denn es hat durchaus mal Wochen gedauert bis das Streifenhörnchen, das wir beobachten, das tut, was wir einfangen wollen. Wir wollen Geschichten erzählen, aber mit Protagonisten, die die Eigenschaft haben, sich nicht immer an Drehpläne zu halten“, sagt die Fernsehmacherin von RTL und muss lachen. Aber wie kam es ausgerechnet diesmal zur Zusammenarbeit mit der BBC?

„Wendy Dark, die neue Chefin der berühmten Natural History-Unit der BBC in Bristol, ist sehr offen für innovative Erzählweisen und sehr an einem Austausch interessiert. Das ist eine viel engere Zusammenarbeit, die entsteht natürlich auch, weil die BBC selbst neue Zielgruppen erschließen will“, erklärt Agnes Ostrop. „Uns verbindet, dass BBC und RTL Familienprogramme sind, wir ein breites Publikum ansprechen und die gemeinsame Suche nach überraschenden neuen Programme.“ Und überraschend ist „Hidden Kingdom“ in der Tat. Dafür sorgen die neue Perspektive sowie neue Erzählweise und die bekannt guten Bilder und Producer der BBC. Zwischen Bohlen, Bachelor und Dschungel traut sich RTL hier etwas Außergewöhnliches. We are amused.