"Die deutsche Zeitschriftenbranche ist vital" - das ist die positive Botschaft, die der Verband der Zeitschriftenverleger bei seiner Jahrespressekonferenz am Montag verkünden wollte. Während aus der Branche jahrelang eher jammernde Töne zu hören waren, malten die Verleger nun ein rosiges Bild. So stellte man heraus, dass noch nie so viele Menschen Zeitschriften genutzt hätten, wenn man auch die Online- und mobilen Reichweiten mit einbezieht.
Laut AGOF nutzen 72 Prozent der Bevölkerung mindestens ein Online-Angebot einer Zeitschrift, vier Prozent mehr als im Vorjahr. TV-Sender hätten hier hingegen sieben Prozent ihrer Reichweite verloren und kommen nur noch auf 39 Prozent Reichweite. Noch größer sei der Vorsprung bei den mobilen Websites und Apps: Hier kommen die Angebote von Publikumszeitschriften auf 15,1 Millionen Unique User, die Fernsehsender auf 4,2 Millionen. Des weiteren schwärmt der VDZ davon, dass Zeitschriften und Zeitungen häufiger zitiert würden als andere Mediengattungen und man auch bei Wirtschafts-Entscheidern bei der Nutzung auf Platz 1 liege.
Dass die Auflagen etablierter Titel sich häufig in einem rasanten Sinkflug befinden, störte die Stimmung beim VDZ da kaum. Schließlich steuere man mit vielen Neugründungen gegen. Mit einem "immer weiter ausdifferenziertes Angebot an Titeln mit maßgeschneiderten Inhalten für spitzere und anspruchsvolle Zielgruppen" bediene man die "Interessen einer fragmentierten Gesellschaft", so VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer, der von einem "Gründungsboom" sprach. Die Anzahl der mindestens quartalsweise erscheinenden Publikumszeitschriften sei von Anfang 2013 bis März 2014 um weitere 69 auf nun 1.587 Titel gestiegen - ein neues Allzeit-Hoch. Binnen 15 Jahren habe sich die Anzahl der Zeitschriftentitel um satte 43 Prozent erhöht.
Trotzdem werden insgesamt aber weniger Zeitschriften verkauft. 106,4 Millionen Publikumszeitschriften-Exemplare gingen laut IVW 2013 pro Quartal über den Ladentisch, ein Jahr zuvor waren es noch 109,7 Millionen. Trotzdem erwarten die Verlage, ihren Umsatz im nun laufenden Jahr bei 14,85 Milliarden Euro zumindest stabil halten zu können. Auch wenn sich das Jahr gut anließ und in den ersten beiden Monaten sogar 2,5 Prozent mehr mit Anzeigen umgesetzt wurde, erwarten die Verlager übers gesamte Jahr gesehen hier ein - vergleichsweise moderates - Minus von 1,5 Prozent. Durch den Vertrieb sollen 0,5 Prozent weniger umgesetzt werden, auch weil hier weitere Preiserhöhungen zu erwarten sind. Kompensiert wird das durch das wachsende Online-Geschäft: Die Verlage erwarten hier in diesem Jahr ein deutliches Plus von 14,8 Prozent. Auch mit sonstigen Geschäften wie Konferenzen, Datenbank-Services oder Corporate Publishing wollen die Verlage 6,1 Prozent mehr umsetzen.
Trotzdem dringen die Verleger auf eine Ausweitung der Subventionen - denn nichts anderes ist ja der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf Print-Produkte, die die Verleger nun doch dringend auch auf digitale Medienangebote der Presse ausgeweitet sehen wollen. Scherzer warnte zudem vor weiteren Werbeverboten und wetterte gegen die geplante EU-Datenschutznovelle, die die digitalen Geschäftsmodelle bedrohe und eine Gefahr für die Pressefreiheit darstelle. Und schließlich nahm sich der VDZ noch die Kartellwächter vor. So werde in Deutschland "kleinkarriert auf einen Submarkt wie die Programmzeitschriften geschaut", während in den USA "ein Marktführer wie Facebook seinen größten Konkurrenten WhatsApp kaufen kann". "Die kartellrechtlichen Fesseln aus den 70er Jahren sind nicht mehr zeitgemäß und müssen dringend den Realitäten in einer globalen Medienwelt angepasst werden", so Scherzer. Zudem forderte er die EU auf, im Google-Kartellverfahren durchzugreifen und die Begünstigung eigener Angebote zu verbieten. Geschehe das nicht, sei es "eine historische Fehlentscheidung mit kaum absehbaren Folgen, nicht zuletzt auch für die Medienvielfalt".