Mit äußerst scharfen Worten hat sich "Bild.de"-Chef Julian Reichelt Anfang Juni beim Branchendienst "turi2" zu Wort gemeldet. So bezichtigte er seinen Kollegen von "Focus Online", Daniel Steil, des Klauens: "Als Jurist ist Kollege Steil sehr geschickt darin, so zu klauen, dass er es gerade noch so als Zitieren tarnen kann. Er hat mich auch aufgefordert, nicht weiter von 'klauen' zu sprechen. Aber natürlich macht er genau das und nichts anderes", so Reichelt damals. "Focus Online" hatte sich in den Wochen zuvor immer wieder bei "Bild Plus"-Inhalten bedient und diese oft komplett mit allen Details auf "Focus Online" veröffentlicht. 

Offenbar hat nach der Kritik beim Müncher Nachrichtenmagazin ein Umdenken stattgefunden, denn inzwischen hat Julian Reichelt keinen Grund mehr sich zu beschweren. "Wir stellen zufrieden fest, dass 'Focus Online' unsere Plus-Inhalte nicht mehr komplett ausschlachtet, sondern nur noch unsere Nachrichten, die wir hinter der Paywall haben, sauber zitiert", so der "Bild.de"-Chef im erneuten Interview mit "turi2". 

Grundsätzlich störe es ihn nicht, wenn auch Plus-Inhalte von "Bild.de" auf anderen Webseiten weiterverbreitet werden, sagt Reichelt. "Solange wir sauber zitiert werden, freuen wir uns über Weiterverbreitung." Dass Geschichten schlicht geklaut und kopiert werden, kommt laut dem "Bild.de"-Chefredakteur nicht mehr so oft vor: "Das ist den allermeisten Kollegen peinlich. Deswegen ist die Hemmschwelle sehr hoch", sagt Reichelt. 

Interessant wäre es freilich zu wissen, weshalb beim "Focus" ein Umdenken stattgefunden hat. Die Münchner sind nach wie vor nicht dafür bekannt, zurückhaltend zu berichten. Jüngst stand "Focus Online" in der Kritik, weil dort unzensierte Bilder des Enthauptungsvideos eines Journalisten gezeigt wurden. Fast alle anderen Medien verzichteten auf entsprechende Bilder oder machten das Opfer unkenntlich. Im Fall des Content-Klaus spekuliert Peter Turi, dass Hubert Burda persönlich die Reißleine gezogen haben könnte.

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