Der prestige- und quotenträchtigste Sendeplatz für einen Polittalk im deutschen Fernsehen sucht nach einem neuen Moderator: Günther Jauch hat angekündigt, seinen Ende des Jahres auslaufenden Vertrag nach etwas mehr als vier Jahren nicht mehr zu verlängern. Die ARD hatte ihm ein entsprechendes Angebot unterbreitet. "Über das Angebot der ARD zur Vertragsverlängerung habe ich mich sehr gefreut. Sowohl aus beruflichen als auch aus privaten Gründen habe ich es nicht angenommen", lässt sich Jauch zitieren.

Lutz Marmor, NDR-Intendant und ARD-Vorsitzender, ist voll des Lobes: "Wir danken Günther Jauch für die erfolgreiche Zusammenarbeit und respektieren seine Entscheidung. Er hat mit seiner Sendung oft die politische Agenda geprägt und für das Erste neue Zuschauer gewonnen. Sein Talkformat ist pointiert, hintergründig, emotional und auch mal unterhaltsam aufbereitet - passend für den Sonntagabend."

So positiv sah die Mehrzahl der TV-Kritiker Jauchs Talk freilich nicht. Von Beginn an musste sich Jauch harsche Kritik anhören, die auch über die Jahre nicht leiser wurde. Nicht zuletzt die umstrittene Sendung, die den vermeintlichen Stinkefinger des griechischen Finanzministers Varoufakis thematisierte, brachte Jauch wieder viel Kritik ein. Vor seinem Talk-Engagement sagte Jauch 2009 in einem Interview mit dem "Zeit"-Magazin: "Ich sitze oft vor dem Fernseher und denke: So, jetzt hat sie oder er den Politiker! Der Ball liegt vor dem leeren Tor, man muss ihn nur noch reinschieben. Aber was passiert? Die Kollegen stoppen den Ball und laufen mit ihm in die andere Richtung." Als er dann selbst den Politikern gegenübersaß, musste er offensichtlich erkennen, dass sich so ein Ball vor dem leeren Tor anscheinend doch nicht so einfach verwandeln lässt, wie das auf der Couch vor dem Fernseher häufig scheint.

Bei den Zuschauern genießt Jauch nichtsdestotrotz weiter höchstes Ansehen und auch die Quoten seines Talks stimmten bis zuletzt - was freilich zu einem großen Teil auf das immer erfolgreichere Vorprogramm zurückzuführen ist. Mit dem "Tatort" im Rücken ist es recht leicht, den Posten des erfolgreichsten Talk im deutschen Fernsehen zu verteidigen. Die 4,62 Millionen Zuschauer, die alle bisherigen Sendungen seit dem Start des Formats bislang im Schnitt erreichten, sind trotzdem aller Ehren wert, zumal auch der Anteil der jüngeren Zuschauer für einen Polittalk überdurchschnittlich hoch war.

Volker Herres, Programmdirektor des Ersten: "Günther Jauch erreicht mehr Zuschauer als bislang alle vergleichbaren politisch-aktuellen Talkformate. Außerdem liegt der Anteil der jüngeren Zuschauer so hoch wie nie zuvor. An diesen Erfolg werden wir 2016 anknüpfen können und unseren Premium-Anspruch in diesem Genre aufrechterhalten - dann leider ohne Günther Jauch. Jetzt freuen wir uns aber erstmal auf seine zweite Halbzeit in 2015."

Jauch moderiert den sonntäglichen Talk seit Herbst 2011. Ursprünglich sollte er schon 2007 die Nachfolge von Sabine Christiansen antreten. Aus Ärger über die "Gremien voller Gremlins" gab er der ARD allerdings einen Korb - und Anne Will bekam den Job, den sie vier Jahre später dann allerdings ausgerechnet an den inzwischen milder gestimmten Jauch verlor. In den kommenden Monaten dürften nun also wieder die Spekulationen ins Kraut schießen, wer seine Nachfolge antreten kann. Und die ARD muss 2016 zeigen, dass die Zuschauerzahlen auch ohne Publikumsliebling Jauch so hoch bleiben - und den alten Spruch des damaligen SWR-Intendanten Peter Voß beweisen. Der wusste schließlich schon nach Jauchs Rückzieher im Jahr 2007: "Ohne Jauch geht's auch."