Es sieht ganz danach aus, als müssten die großen privaten Sendergruppen ihre Hoffnung, weitere Geldquellen durch das Anzapfen der regionalen Werbemärkte zu erschließen, wieder begraben. Das juristische wie politische Tauziehen darum hält nun schon mehrere Jahre an. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht Ende 2014 ein Urteil aufgehoben hatte, demzufolge bei bundesweit veranstalteten Programm die Ausspielung von regional unterschiedlicher Werbung verboten war, war insbesondere ProSiebenSat.1 eifrig beim Aufbau dieses Geschäftsfelds.

Während ProSiebenSat.1 mit dem Lokalsender-Vermarkter TV Bayern über eine Kooperation verhandelte, liefen etliche der von TV Bayern vermarkteten Sender Sturm, ebenso Radiosender und Zeitungs-Verleger, die um ihre Einnahmen fürchten. Sie forderten ein Eingreifen der Politik, die tatsächlich schon im März ein entsprechendes Verbot beschließen wollte. Dann stellte sich allerdings der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, in dessen Bundesland ProSiebenSat.1 seinen Sitz hat, quer. Das Thema wurde daraufhin vertagt.

Nun geben die Bayern ihre Blockade-Haltung aber auf. In "Gesprächen mit verschiedenen Interessengruppen in Bayern konnte keine einvernehmliche Lösung zum Ausgleich der unterschiedlichen Interessenlagen gefunden werden", teilt die bayerische Staatskanzlei am Dienstag mit. Bayern werde daher entsprechend der bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz diskutierten Vorschläge mit allen Bundesländern gemeinsam ein im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenes Verbot regionalisierter Werbung im nationalen Fernsehen unterstützen. Die Regelung solle bereits im Rahmen des 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrages, also zum 1. Januar 2016 in Kraft treten.

Conrad Albert, Vorstand Legal, Distribution und Regulatory Affairs bei ProSiebenSat.1 ist wenig überraschend nicht erfreut: "Wir halten die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung für falsch, denn die geplante Regelung bedeutet faktisch ein neues Werbeverbot. Wirtschaftspolitisch, vor allem für den deutschen Mittelstand, ist das in Zeiten globalen digitalen Wettbewerbs ein schlechtes Signal. Wir setzen weiterhin auf unternehmerische Lösungen und sprechen gezielt regional tätige Firmen an, um sie als Kunden zu gewinnen. Im Übrigen wird sich zeigen, ob die geplante Klausel einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält."

Julian Geist, beim Privatsenderverband VPRT stellvertretender Vorsitzender für den Fachbereich Fernsehen und Multimedia und zugleich bei ProSiebenSat.1 für Medienpolitik zuständig: "Für alle national verbreiteten TV-Sender in Deutschland ist das eine fatale Entscheidung. Es ist bedauerlich, dass die Verlegerseite konstruktive Gespräche verweigert hat. Statt auf einen Interessensausgleich hinzuarbeiten, hat die Politik dann einseitigem Druck nachgegeben. Am Ende des Tages haben beide mit ihrer Haltung anderen, digitalen Playern das Spiel leichter gemacht. Wohl bekomms."

Auch bei Werbekunden stößt die Entscheidung auf Kritik. Gegenüber "Horizont" sagte Joachim Schütz, Vorsitzender der Organisation Werbungtreibende im Markenverband: "Der Rückzug der Bayern ist sehr bedauerlich. Aus unserer Sicht wäre regionale TV-Werbung sehr zu begrüßen gewesen, weil es vielen Mittelständlern in der Region die Möglichkeit gegeben hätte, potenzielle Kunden zu erreichen."