Die Otto-Brenner-Stiftung hat sich die Programmprofile von WDR Fernsehen und MDR Fernsehen angesehen. Im Kern bestätigte die aktuelle Analyse demnach wesentliche Erkenntnisse der ersten Untersuchung im Jahr 2013, als die Stiftung das Programm von SWR und NDR  betrachtete. "Ähnlich wie NDR und SWR, können auch WDR und MDR ihren Sendebetrieb nur durch hohe Wiederholungsraten aufrechterhalten", heißt es schon im Vorwort. Gleichzeitig sieht man die "Boulevardisierung der Dritten" bestätigt. Die so genannte Human-Touch-Berichterstattung habe inzwischen "ein ähnliches Ausmaß wie bei der privaten Konkurrenz erreich".

Der von den Sendern immer wieder kolportierte hohe Anteil von bis zu 70 Prozent Informationsanteil lässt sich nach Angaben des Medienforschers Joachim Trebbe  bei Erstsendungen nicht nachweisen. "Selbst wenn man Ratgebersendungen berücksichtigt, liegt er beim WDR nur bei rund 50 Prozent, der MDR kommt lediglich auf 37 Prozent", so Trebbe. Von allen bisher untersuchten Sendern sei der MDR der mit Abstand unterhaltungsorientierteste. Eine besondere Stärke des WDR liege dagegen in einer ausdifferenzierten, in vielen Fällen eher lokal anmutenden und auf die Ballungsräume bezogenen Regionalberichterstattung, in der zudem auch kontroverse und politische Themen dominieren, wie es in der Studie heißt.

Beim WDR teilt man unterdessen erwartungsgemäß nicht alle Erkenntnisse - und verweist auf die Studie selbst, worin explizit die Rede davon ist, dass 77 Prozent der täglichen Sendezeit fernsehpublizistischen Inhalten eingeräumt werden. "Damit bestätigen die Forscher der Brenner-Stiftung in ihrer eigenen Studie, was sie in der Pressemitteilung dazu dem WDR in Abrede stellen: Einen Informationsanteil von mehr als 70 Prozent", kritisiert der WDR. Zu diesem Ergebnis komme auch die regelmäßig durchgeführte Programmanalyse auf Basis der AGF-Programmcodierung, die nicht nur wie die Studie der Brenner-Stiftung einen kurzen Zeitraum von einer Woche umfasse, sondern das gesamte Programmangebot des WDR Fernsehens im Jahr 2014. Demnach fielen 76 Prozent des täglichen Angebots auf Informationssendungen.

Auch den Trend zu Human-Touch-Themen könne man nicht nachvollziehen, weil bezogen auf die einzelnen Sender Vergleichsdaten früherer Jahre fehlten. So zählten die Autoren etwa auch Doku- und Reportage-Formaten wie "Menschen hautnah", die im WDR eine große Rolle spielen, dazu. Auch die Berichterstattung über "besondere Schadensereignisse" gehört für die Autoren zu "Human Touch-Themen". Diese sei jedoch bei einer öffentlich-rechtlichen Regionalberichterstattung geradezu geboten, verteidigte sich der Sender in einer Stellungnahme.

Kritik kommt vom WDR auch am Vorwurf der hohen Wiederholungsrate: Alle Vollprogramme, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, seien - vor allem in der Nacht - auf Wiederholungsstrecken angewiesen. "Wiederholungen sind programmwirtschaftlich und gerade im Hinblick auf einen verantwortungsvollen Umgang mit den Rundfunkbeiträgen geboten und werden von Zuschauern vielfach als Service wahrgenommen", so der WDR, der sich noch dazu an der Frage "Information oder Unterhaltung?" im Titel der Studie stört. Diese sei mit Blick auf das WDR-Gesetz klar zu beantworten: Demnach haben die Angebote des WDR "der Information, Bildung und Unterhaltung zu dienen".