Am Donnerstag erst, einen Tag vor dem geplanten Pressegespräch zur neuen WDR-Programmoffensive haben freie Mitarbeiter des WDR an den Rundfunkrat appelliert, die geplante Programmreform des WDR Fernsehen in einem Punkt abzulehnen: Die 15-minütige "Hier und heute"-Reportage im werktäglichen Vorabendprogramm soll eingestellt werden. Kein Wunder also, dass dieser Protest aus den eigenen Reihen eine der Fragen war, denen sich WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn ausgesetzt sah.

Er griff den Ball auf. "Wir haben uns seit mehr als einem Jahr mit der Frage dieses Formats beschäftigt", sagt er. "Die Analyse aus dem Bereich der Landesprogramme, wo 'Hier und Heute' hergestellt wird, kommt zu dem Schluss: Die nachlassende Attraktivität des Formats, die wir ja an den Quoten ablesen können, hat etwas damit zu tun, dass die aus den 90er Jahren stammende Grundidee 'Hintergrund ist eine Viertelstunde zu einem Thema' nicht mehr in die heutige Zeit passt.“



Damals hätten die aktuellen Nachrichten und Magazine des WDR meist einen Beitrag zu einem Thema gehabt - und wären dann zum nächsten Thema gewechselt. Da war "Hier und heute" ein Ventil zur Vertiefung gewesen. "Heute haben wir eine schnelle Vertiefung, in dem unsere Nachrichten und Magazine zwei, drei, vier Elemente zu einem Thema haben", argumentiert Schönenborn. Diese relative Vertiefung übernehmen damit schon andere Formate im WDR Fernsehen.

Gewandelt habe sich auf der anderen Seite auch das Genre der Dokumentation beim WDR. "Damals war die klassische Dokumentation zeitlos schön: Im Januar geplant, im Dezember gesendet", erklärte Schönenborn in Köln. "Heute sind wir in der Situation, je nach Nachrichtenlage sehr schnell 30 oder 45 Minuten exzellenten Hintergrund zu bieten. Unser Eindruck ist, dass das Publikum längeren und tieferen Hintergrund haben will."

Die veröffentlichte Kritik am Aus der 15-minütigen Version von "Hier und heute" führte an, der WDR gebe "ein Stück seiner Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit auf“. Sollte der Rundfunkrat die Programmreform und damit die Abschaffung der täglichen 15-minütigen Reportage beschließen, gehe "ein Stück Qualitätsfernsehen unwiederbringlich verloren", so die freien Mitarbeiter, die zugleich auf die diesjährige Grimme-Nominierung für die "innovative regionale Berichterstattung" verweisen.

Doch die Grimme-Nominierung, korrigiert Schönenborn, hätte sich auf eine längere Dokumentation bezogen, die bislang am Samstagnachmittag und künftig im neuen Programmschema sogar prominenter am Montagabend platziert werden sollen. Er bekräftigt: "Das ist keine Sparentscheidung, sondern eine programmliche Wertentscheidung. Diese 15 Minuten waren für viele Jahren ein exzellentes Programm, aber heute ist Vertiefung etwas anderes. Und die Mittel, die wir gegenwärtig für die 'Hier und Heute'-Reportagen in der 15-Minuten-Form aufwenden, gehen komplett in andere Landesprogramme.“

Deswegen stelle sich auch nicht die Frage, ob man für diese Viertelstunde irgendwo anders Platz finde im Programm. Aus Sicht der freien Mitarbeiter dennoch eine Sparentscheidung: Denn die umverteilten Mittel fließen nicht mehr zwingend an freie Mitarbeiter sondern könnten auch intern vom WDR verwendet werden. Dass das für einige bislang mit dem Format betraute freie Mitarbeiter unerfreulich sei, könne er nachvollziehen, so Schönenborn. Doch in der Programmleistung werde eben nicht gespart.

"Und der Titel 'Hier und Heute' hat über die Jahre viele Formen gehabt“, gibt er zu bedenken. "Die jetzige Form ist 17 Jahre alt. Es wird 'Hier und heute' weiter im Programm geben als 30 Minuten Landesreportage am Montagabend auf einem Super-Sendeplatz. 'Hier und heute' stirbt also nicht. Wir gehen da einen Entwicklungsschritt. Sorgfältig abgewogen und aus tiefster Überzeugung."