Die Wurzeln der "Kulturzeit" reichen ins Jahr 1993 zurück. Damals trat die ARD neu der 3sat-Sendergemeinschaft, der schon ZDF, ORF und SRG angehörten, bei. Zusammen wollten die vier Sender ein Fernsehfeuilleton schaffen, das live über alles informiert, was in Literatur, Theater, Musikwelt und Filmszene los ist, dabei unterhalten, aber auch kritisch ist und sich einmischt. Erstmals auf Sendung ging es schließlich am 2. Oktober 1995 um 19:20 Uhr, also platziert zwischen "heute" und der "Tagesschau", die beide auch bei 3sat zu sehen sind. Gert Scobel begrüßte die Zuschauer damals Erdnüsse pulend - in Anspielung auf das damalige Wort des Jahres "Peanuts" und in Einstimmung auf das Thema der ersten Sendung, die sich mit der Kulturpolitik Frankfurts beschäftigte.

In Kürze steht nun also der 20. Geburtstag bevor. Und dafür haben sich die Macher etwas besonderes ausgedacht - oder besser gesagt: Sie lassen andere sich etwas Besonders ausdenken. Denn in der Woche vom 28. September bis 2. Oktober werden Kulturschaffende die Sendung gestalten udn auch moderieren. Sie dürfen über alles berichten, was sie schon immer mal im Fernsehen sehen wollten.

Den Anfang macht am 28. September die deutsch-schweizerische Lyrikerin Nora Gomringer, die gemeinsam mit Schlagzeuger Philipp Scholz eine "Kulturzeit" und ums Thema "Sprache" moderieren wird. Am Dienstag wird der Frankfurter Museumsdirektor Max Hollein eine "Kulturzeit" ohne Kunst präsentieren: Er sucht nach Phänomenen des Alltags, deren Ästhetik wie Kunst anmuten. So geht's etwa ums "Frischeparadies Supermarkt", wo Farben, Formen und Licht die Schönheit der Waren unterstützen. Ist diese Präsentation also eine Kunst? Am Mittwoch steht Musik im Mittelpunkt. Ein Kamerateam begleitet dann die Sopranistin Annette Dasch ins belgische Gent, wo sie für "Tannhäuser" auf der Bühne stand. Ihre Arbeit in Gent und die Unabhängigkeitsbestrebungen der Flamen ist für sie Anlass, den Nationalismus als Thema zu setzen. Begriffe wie Vaterland, Heimat und die Liebe zu Europa hinterfragt sie im Umfeld der Oper.

Am Donnerstag übernimmt dann der Schweizer Regisseur Dani Levy das "Kulturzeit"-Studio. Er wird unter anderem den Film „Der Staat gegen Fritz Bauer“ vorstellen, der am selben Tag in den deutschen Kinos startet. Der Film von Lars Kraume erzählt die Geschichte des kompromisslosen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, der in den 1950er Jahren gegen Widerstand aus den höchsten Reihen dafür kämpft, die NS-Täter vor Gericht zu stellen. Zu Gast im Studio ist Petra Bock, die normalerweise Manager coacht, sich nun aber Dani Levy vornimmt. Und abschließend wird Shermin Langhoff, Theaterregisseurin und Intendantin des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, die Freitagssendung zum Thema Theater und Migration präsentieren. Sie berichtet unter anderem über das Stück „2099“, eine Koproduktion des Theaters Dortmund und des „Zentrums für politische Schönheit“, das am 19. September Premiere hat.

Die fünf Sendungen seien beispielhaft für die Vielseitigkeit der "Kulturzeit", so 3sat. Monika Sandhack, die die ARD-Leitung der Sendung innehat: "Die Frage, was Kultur ist, haben wir uns seit der ersten Sendung immer wieder aufs Neue gestellt. Im Geschwindigkeitsrausch von heute kommt es auf Haltung, auf Einordnung und Hintergründe an. Das ist nach wie vor unser Programm: leidenschaftlich und klug, Denkanstöße gebend und manchmal auch anstößig sein." Anja Fix, die erst seit Anfang des Monats fürs ZDF an der "Kulturzeit"-Spitze steht, sieht gerade in diesen Tagen eine große Bedeutung für die Sendung: "In Europa erleben wir gerade die Wiedereinführung von Grenzkontrollen und starke Tendenzen der Abgrenzung. Deshalb brauchen wir gerade jetzt Verständigungsräume, in denen wir uns nicht unbedingt konfliktfrei, aber gewaltfrei begegnen und austauschen können. Kunst ist ein solcher Verständigungsraum. Und ein transnationales Magazin wie ‚Kulturzeit‘ wird das auch in Zukunft sein."