Eigentlich hätte sich die Fernsehbranche in diesen Tagen an der Côte d'Azur versammelt. Doch weil die Corona-Pandemie noch immer nicht eingedämmt ist, gab’s die MIPTV als digitale Alternative. Dabei hätte der TV-Markt durchaus spannende Trends geboten, über die sich ein persönlicher Austausch gelohnt hätte. Am weltweit größten Hit hat sich in den zurückliegenden Monaten allerdings nichts geändert - noch immer hält der Siegeszug von „The Masked Singer“ an, wie eine Auswertung von „The Wit“ zeigt. Auch die hierzulande bei RTL ausgestrahlte Musik-Rateshow „I can see your Voice“ zählt zu dem am häufigsten adaptierten Formaten.

Erstaunlicher an der Liste der Top 10 ist jedoch die Tatsache, dass es vor allem altbekannte Formate sind, die Fernsehmachern in aller Welt jüngst (wieder) für sich entdeckten. So findet sich das schon in den 1970ern entwickelte „Family Feud“, hierzulande als „Familienduell“ bekannt, ebenso in der Hitliste wieder wie Promi-Versionen von „Masterchef“ sowie „Bachelor“ und „Bachelorette“ - Formate also, die allesamt schon 15 Jahre und mehr auf dem Buckel haben. Erfreulich aus deutscher Sicht: Auch das Kabel-Eins-Format „Trucker Babes“ sorgt international für Aufsehen?

Die Rote Kugel © TVNOW / Boris Breuer Martin Rütter moderierte "Die Rote Kugel" bei Vox.
Und sonst? Nachdem jahrelang mehr oder weniger klassische Musik-Castingshows gefragt waren, scheinen international wieder Spielshows auf dem Vormarsch zu sein - genauer gesagt mehr oder weniger klassische Konzepte mit einem besonderen Kniff. Dafür genügt im Übrigen auch der Blick auf den deutschen Markt, wo Endemol Shine Germany vor wenigen Wochen „Die Rote Kugel“ für Vox produzierte. Jetzt soll das Format, das hierzulande nur mäßig funktionierte, unter dem Titel „The Money Shot“ abseits der deutschen Grenzen bei den Einkäuferinnen und Einkäufern auf Gegenliebe stoßen. 

In die Liste der Shows mit einem besonderen Spin passt auch „Marble Mania“, das im Mai mit Chris Tall als „Murmel Mania“ zu RTL kommen wird. In Frankreich ist zudem aktuell eine Show namens „Roll the Dice“ in Arbeit. bei der die Kandidaten nicht nur Fragen beantworten, sondern auch Würfel in der richtigen Reihenfolge platzieren müssen, um einen Geldpreis zu gewinnen. Eine im Februar gestartete US-Show namens „Cherries Wild“ verbindet derweil ein mehr oder weniger klassisches Quiz mit einem Slotmachine-Spiel.

Mutmaßlich auch für den deutschen Markt interessant sind traditionell britische Quizshows wie das bei der BBC von TV-Koch Gordon Ramsay präsentierte Format „Bank Balance“, das optisch ein wenig an „Rette die Million“ erinnert. Inhaltlich gilt es neben der richtigen Beantwortung von Fragen, Goldbarren auszubalancieren - was umso schwerer ist, je mehr Barren sich im Spiel befinden. Ebenso interessant: “The 1 % Club“, ein von der BBC Studios vermarktete Show, in der es um Fragen geht, die - je nach Schwierigkeitsgrad - teils nur von rund einem Prozent der Befragten beantwortet werden können.

Überraschungseffekte und echte Verbrechen

Freilich wirkt auch der globale Erfolg von „The Masked Singer“ nach. Er zeigt sich etwa in Form der Musikshow „Mystery Duets“, die vor wenigen Wochen im französischen Fernsehen angelaufen ist und auf musikalische Duette setzt, bei denen die jeweiligen Sängerinnen und Sänger jedoch nicht wissen, mit wem sie gerade auf der Bühne stehen. Entsprechend groß ist die Überraschung, wenn sich die Wand hebt, die die beiden voneinander trennt.

Auf den Überraschungseffekt setzt auch ein niederländisches Format namens „Table for Two“ - wenn auch in ganz anderer Form. In dieser Doku-Sendung steht das Zwischenmenschliche im Mittelpunkt, weil hier zwei Menschen aufeinandertreffen, von denen jedoch einer eingeweiht ist, weil er seinem Gegenüber eine Botschaft übermitteln will. Noch einen Schritt weiter geht das irische Format „Eating with the Enemy“, das bei einem Dinner ganz bewusst Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten aufeinandertreffen und das Geschehen schließlich von Experten und Psychologen einordnen lässt.

Eine möglicherweise schöne Idee für ein neues Daytime-Format kommt derweil von BBC Studios, das im März „This is my House“ auf Sendung brachte. Das Konzept: Vier normale Menschen laufen durch ein Haus und behaupten, selbst darin zu wohnen - ähnlich wie bei „Sag die Wahrheit“ hat aber nur einer von ihnen recht. Aus der Ferne schauen mehrere Promis zu und müssen schließlich einschätzen, wer tatsächlich in dem Haus wohnt. Auf sympathische Weise verbindet „This is my House“ den berühmten Blick durchs Schlüsselloch mit einem kleinen Ratespiel.

Und was tut sich im Fiktionalen? Hier scheint allmählich ein Trend Fahrt aufzunehmen, der sich schon seit geraumer Zeit im Doku-Bereich feststellen lässt. True Crime, also die Erzählung wahrer Verbrechen, scheint sich in mehreren Ländern nun auch bei Serien verstärkt zu etablieren. Dazu zählen etwa britische Produktionen wie „The Pembrokeshire Murders“ und „The Serpant“, das jetzt bei Netflix unter dem Titel „Die Schlange“ angelaufen ist, aber auch die französische Serie „The Showdown“ oder das aus Russland stammende „The Red Ripper“.

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