Die Flüchtlingsdoku "#MyEscape", die der Westdeutsche Rundfunk zu Jahresbeginn gemeinsam mit der Deutschen Welle und Berlin Producers erstellte, wurde am Freitagabend mit dem Prix Europa ausgezeichnet. In der Koproduktion erzählen Geflüchtete mittels Handyvideos selbst von ihrer Flucht. Für die Jury handelte es sich dabei um den besten Dokumentarfilm des Jahres. Es war nicht der einzige Preis, über den sich der WDR freuen durfte. Denn auch der Deutsche-Kosovare Visar Morina wurde mit dem Sonderpreis als bester Newcomer für sein Familiendrama "Babai – Mein Vater", für das der WDR verantwortlich zeichnete, mit einem bronzenen Stier geehrt.
Bereits zum dreißigsten Mal wurde der Prix Europa am Abend zum Abschluss des gleichnamigen Medienfestivals verliehen. Ausgezeichnet werden dabei Produktionen aus ganz Europa, wobei in diesem Jahr Auszeichnungen in zehn Länder gingen. Die beste Fernsehserie kam nach Ansicht der Jury etwa in diesem Jahr aus Island. "Trapped" dreht sich rund um mysteriöse Mordfälle inmitten der isländischen Natur. Die nun als beste Fernsehserie ausgezeichnete Serie soll im kommenden Jahr im ZDF gesendet werden. Mit dem Mehrteiler "Nobel" lieferten die Norweger unterdessen das beste Fernsehdrama, in dem es um politische Wirren und Manipulationen im Afghanistankrieg geht. Die beste Fernsehinvestigation stammt unterdessen mit "Mission Investigate: The Panama Papers" aus Schweden.
Der Lifetime Achievement Award ging unterdessen erstmals nicht an eine Person, sondern an den europäischen Kulturkanal ARTE. 25 Jahre nach der Unterzeichnung des Gründungsvertrages wollen die Juroren damit die Verdienste um den kulturübergreifenden Dialog und das Zusammenwachsen Europas würdigen. Im Rahmen der Gala drängte Cecilia Benkö Lamborn, Präsidentin des Prix Europa, die geladenen Gäste auf, stärker für die Pressefreiheit weltweit einzutreten. Presse-, Meinungs- und Redefreiheit seien von grundlegender Bedeutung für das Fortbestehen von demokratisch-rechtsstaatlichen Staatssystemen. "Gesellschaften ohne eine intakte Medienlandschaft sind ein Nährboden für politische Radikalisierung", so Benkö Lamborn.
Natürlich gab es aber auch weitere Preisträger. Die britische Produktion "Watani: My Homeland", die sich wie "#MyEscape" Geflüchteten widmete und eine syrische Familie drei Lang bei der Flucht begleitete, bekam einen bronzenen Stier als bester interkultureller Film. Ebenfalls aus Großbritannien stammt in diesem Jahr der Gewinner im Bereich der Radio-Musik. "Philip Glass: Taxi Driver" war für die Jury hier der beste Beitrag. Das beste Hörspiel ist in diesem Jahr die existentialistische Klangkomposition "Things" aus Estland, während die beste Hörspielserie mit "Young Beautfiul Monsters" von unseren belgischen Nachbarn stammt. Die Dänen erzählten in "Queen of the Night" die Geschichte einer Frau, die einen ganz besonderen Fetisch für männliche Orchestermusik hat – und dürfen sich nun über die Auszeichnung als beste Radiodokumentation freuen. Die beste Radioinvestigation kommt in diesem Jahr mit "Documentary on One: The Case That Never Was" aus Irland. Die Jury lobt zudem, dass die Iren damit auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in einem Fall zum internationalen Arbeitsrecht beeinflussten.
Erstmals wurde in diesem Jahr ein bronzener Stier in der Kategorie Digital Audio vergeben. Ausgezeichnet wurde hier die dänische Podcastserie "The Gingbinder Assassin" über einen ungeklärten Mordfall aus den 1980er Jahren. Im Bereich der Online-Projekte ging der Prix Europa diesmal nach Frankreich. Ausgezeichnet wurde das Virtual-Reality-Projekt "Notes on Blindness", das emotional und kognitiv erlebbar mache, wie es ist, blind zu sein. Und schließlich ging ein weiterer Stier auch noch nach Finnland. Prämiert wurde hier das Echtzeit-Rollenspiel "#Livetitanic", das auf Twitter die Geschichte des Schiffbruchdramas mit fiktiven Charakteren nacherzählt. Ausgezeichnet wurde "#Livetitanic" mit dem Community Award, der ebenfalls zum ersten Mal vergeben wurde und im Unterschied zu den übrigen Auszeichnungen auf einer Abstimmung im Internet basiert.