Heiter ging es zu bei der gemeinsamen Eröffnung von ANGA COM und Medienforum NRW in Köln. Claus Strunz entlockte RTL-Chefin Anke Schäferkordt, dass sie im Schlafzimmer keinen Fernseher hat, und Sky-Chef Carsten Schmidt gab gar zu Protokoll, die Handyrechnung seiner Frau zu checken. Tatsächlich geriet der Gipfel ungewöhnlich unterhaltsam, was nicht etwa am erstaunlichen Fehlen eines öffentlich-rechtlichen Vertreters lag, sondern in erster Linie an den forschen Fragen des Moderators. Der wollte von Schäferkordt hinsichtlich der seit Jahren sinkenden Marktanteile wissen, ob 12 das neue 16 sei und ob sie eigentlich in Wahrheit einen Rückbau zu managen habe.

Schäferkordt reagierte gelassen auf die Sticheleien von Claus Strunz und verwies auf die Fragmentierung, die in einem digitalen Markt eine wesentliche Folge sei. "Die Marktführer sind in Deutschland allerdings noch sehr, sehr stark unterwegs", betonte die Geschäftsführerin der Mediengruppe RTL Deutschland und verwies auf die USA, wo der Spitzenreiter teilweise nicht mal mehr einen Marktanteil von fünf Prozent erreiche. "Trotz eines Multichannel-Wettbewerbs haben wir uns gut geschlagen", klopfte sich Schäferkordt auf die Schulter.

Zugleich versuchte sie, den Blick nicht nur auf die Marktanteile zu lenken. "Wir liefern noch die gleiche Kontaktmenge aus wie noch vor ein paar Jahren, machen das inzwischen aber mit mehr Sendern", sagte Schäferkordt auf der ANGA COM – wohl wissend, dass die Konkurrenz für RTL inzwischen auf allen Seiten lauert. Carsten Schmidt etwa, seines Zeichens Chef von Sky Deutschland, sieht sein Haus durch den neuen Fokus auf Entertainment-Inhalte sowie den Schritt hin zu mehr On-Demand-Inhalten auf dem richtigen Weg.

Das habe "in dieser Taktung noch niemand in Unterföhring oder Köln geleistet", sagte Schmidt, räumte jedoch ein, dass man verglichen mit RTL auch viel aufzuholen gehabt habe. Wachsen will Sky in Zukunft nicht zuletzt mit eigenproduzierten Serien. "Es kommt einiges aus Deutschland aus dem Hause Sky", kündigte er an und machte deutlich, vor allem in "Babylon Berlin" große Hoffnungen zu legen. "Ich möchte erreichen, dass Deutschland in der Vorweihnachtszeit über 'Babylon Berlin' spricht", erklärte Schmidt vollmundig. Mit einem möglichen Flop wolle er sich gar nicht erst auseinandersetzen, "weil es nicht floppt".

Auch Anke Schäferkordt betonte unterdessen noch einmal, verstärkt auf eigene Produktionen setzen zu wollen. "Exklusivität ist der relevante Faktor", sagte sie in Köln. Die wichtigste Aufgabe der Zukunft werde es allerdings sein, die Kernzielgruppe der RTL-Sender in die non-lineare Welt zu begleiten. Mit der Geschäftsentwicklung des VoD-Dienstes TV Now zeigte sich die RTL-Chefin in diesem Zusammenhang zwar zufrieden, doch auch hier sieht sie noch Verbesserungsbedarf. Hinsichtlich neuer Konkurrenten sagte Schäferkordt, man arbeite zwar nicht unbedingt an denselben Inhalten, "aber der Kampf um die Aufmerksamkeit eint uns".

Claus Strunz und Anke Schäferkordt© DWDL.de / Alexander Krei

Jeder, der Bewegtbild zur Verfügung stelle, sei letztlich ein Wettbewerber, betonte Schäferkordt, die jedoch weniger Netflix fürchtet als Amazon, weil man Bewegtbild dort als Instrument zur Kundenbindung nutzt – und zwar "nicht mit großer Gewinnerzielungs-Absicht". Auch Unitymedia-CEO Lutz Schüler ist diesbezüglich in Sorge: "Ich habe sehr wohl großen Respekt vor Amazon, weil die unser Geschäft nehmen, um ein anderes Geschäft auszutragen", sagte er auf der ANGA COM und bemühte sich nach Kräften darum, seine Kollegen auf dem Podium wachzurütteln. Seine wichtigste Aussage: "Wir leben von einer Sache, der Trägheit der deutschen Kunden."

Die Kunden im Ausland seien wesentlich agiler als in Deutschland. Für die Zukunft sieht der Unitymedia-Chef daher "nur eine Chance", nämlich die Bündelung lokaler Inhalte auf einer Plattform. Oder anders gesagt: Ein deutsches Hulu. Es helfe nicht, wenn jeder sein eigenes Süppchen koche, wie er aus seiner Zeit bei O2 weiß. "Ich komme aus der Mobilfunk-Welt. Gott sei Dank bin ich da raus. Da gibt’s ja richtig schrumpfende Umsätze", entfuhr es Schüler und hatte mit seiner Forderung auch Anke Schäferkordt auf seiner Seite. Die RTL-Chefin wirkte angesichts der Erfahrungen, die sie in der Vergangenheit zusammen mit ProSiebenSat.1 sammelte, allerdings deutlich nüchterner.

"Ich glaube an das Thema Partnerschaften und wir müssen es immer wieder neu denken. Bei Hulu habe ich allerdings gezuckt, weil wir diese Idee schon mal vor vielen Jahren hatten, als Netflix noch gar nicht auf dem deutschen Markt war", sagte Schäferkordt und verwies darauf, dass es das Kartellamt war, das den Sendern einst einen Strich durch die Rechnung machte. Schäferkordt: "Nach vorne gerichtet ist es wichtig, dass Regulierung und Rechtssprechung mehr Möglichkeiten für Partnerschaften schaffen. Sonst spielt alles in die Karten der internationalen Player."