Soziale Medien wie Facebook sind für den allergrößten Teil der Deutschen nicht die einzige Informationsquelle - doch die Bedeutung der sozialen Netzwerke hat in den letzten Jahren unbestreitbar gewaltig zugenommen. Laut "WAZ"-Chefredakteur Andreas Tyrock etwa kommen inzwischen etwa ein Drittel der Besucher des Internet-Angebots der Funke-Titel in NRW über soziale Medien - und hier zum allergrößten Teil Facebook, während Twitter kaum eine Rolle spielt - womit dessen Bedeutung Google als Besucherlieferant längst überholt hat. Auch Hans Demmel, Geschäftsführer von n-tv und zugleich Vorsitzender des Privatsenderverbandes VPRT konstatierte bei der Diskussion beim Medienforum NRW am Dienstag: "Facebook ist unumgänglich."

Doch das bringt Probleme mit sich. "Wir sind abhängig von einem System, das mit einem Algorithmus bestimmt, wieviele und welche Inhalte wir zu den Leuten bringen können", so Demmel. Zugleich entziehe sich das Unternehmen aber einer Kontrolle - und sogar in vielen Fällen dem Dialog. Auch an der Diskussion im Rahmen des Medienforum NRW beteiligte sich niemand von Facebook und Co. "Wir reden immer über Facebook. Ich würde mir ja gerne mal erklären lassenm wie so ein Algorithmus genau funktioniert, aber ich treffe nie einen von denen. Vielleicht gibt’s die gar nicht", so Demmel halb im Scherz, der es mit dem Satz auf den Punkt brachte: "Mir fehlt hier ein Stuhl!"

Dass die Macht von Unternehmen wie Facebook wächst, ist unbestritten - zugleich gibt es aber einen eklatanten Mangel an Transparenz und Kontrolle. "Daran, wie streng reglementiert klassisches Fernsehen ist, während soziale Netzwerke völlig außen vor gelassen werden, sieht man, wie stark wir in Deutschland der Realität hinterherhinken", beklagte der VPRT-Vorsitzende. Und Ralf Müller-Terpitz von der KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich) konnte da letztlich nur zustimmen. Das deutsche Medienkonzentrationsrecht sei fernsehzentriert sei und dementsprechend dringenden Reformbedarf hat.

Intermediäre vermitteln eben nicht nur Zugang zu Inhalten, sondern seien durch die Algorithmen auch ein Faktor der Meinungsbildung, auch wenn es sich juristisch betrachtet nicht um Medien handle, so Müller-Terpitz. Hans Demmel entgegnete: "Die journalistische Leistung ist nicht nur das Schreiben des Artikels, sondern auch die Gestaltung der ersten Seite. Das übernimmt nun Facebook über Algorithmen - spätestens hier ist doch die Mediennähe sehr hoch." Auch stelle sich die Frage, was Facebook Live von klassischem Fernsehen unterscheide. "Es kann nicht sein, dass wir beim Fernsehen in den Landesmedienanstalten Studenten mit Stoppuhren sitzen haben, die überprüfen, ob wir in einer Stunde 7 Sekunden zu viel Werbung gezeigt haben, während Facebook gleichzeitig völlig unreguliert ist."

Müller-Terpitz sprach sich zumindest für den Einstieg in eine zunächst "niedrigschwellige Regulierung" aus, etwa indem Transparenz-Bestimmungen und Diskriminierungs-Verbote eingeführt werden. "WAZ"-Chefredakteur Andreas Tyrock forderte, dass die Netzwerke Verantwortung übernehmen müssten für die Inhalte, die dort gepostet werden - ähnlich wie es bei Leserbriefen sei, die in einer Zeitung abgedruckt werden. Und Hans Demmel ist überzeugt, dass es gesetzliche Regelungen dafür braucht. "Mit Freiwilligkeit allein wird es nicht gehen." Stattdessen brauche es zumindest eine regulierte Selbstregulierung. "Man muss Intermediäre zwingen, Verantwortung zu übernehmen."