Seit Jahren stört sich Sat.1 an der Verpflichtung, Drittanbietern Sendeflächen im Programm einräumen zu müssen. Jetzt hat der Sender vor dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße einen Etappensieg erzielt: Die Richter haben die aufschiebende Wirkung gegen die Zulassungsentscheidung der rheinland-pfälzischen Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) erhobene Klage wiederhergestellt. Ein entsprechender Eilanatrag des Senders war damit erfolgreich. Konkret bedeutet das, dass Sat.1 vorerst keine Drittanbieter-Formate ins Programm nehmen muss.

Darauf hat der Sender jetzt reagiert und die strittigen Formate gestrichen. Nach dem jüngsten Bescheid der LMK war Sat.1 dazu verpflichtet, samstags zwischen 19 Uhr und 19:55 Uhr das von tellvision produzierte Reise-Format "Grenzenlos" auszustrahlen. Auch das dienstags nach Mitternacht gezeigte Format "Dinner Party" mit Marlene Lufen, für das Good Times verantwortlich zeichnet, war ein Drittanbieter-Format. Diese beiden Sendungen wurden nun mit sofortiger Wirkung aus dem Programm genommen. Einzig die "Focus TV Reportage" - ein DCTP-Format - wird am späten Dienstagabend im Anschluss an die "Akte" weiterhin ausgestrahlt. Dieses hatte Sat.1 aber auch zuvor schon freiwillig im Programm behalten.

In seinem nun bekannt gewordenen Beschluss führte das Gericht aus, dass sich die Entscheidung der LMK "bei summarischer Prüfung als rechtswidrig" erweise. Die Zulassungen an die Beigeladenen hätten nicht erteilt werden dürfen, weil das Verfahren nicht im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags durchgeführt worden sei. Ob Sat.1 verpflichtet ist, Drittsendezeiten einzuräumen, war zwischen den Beteiligten auch schon für ursprünglichen den Lizenzzeitraum zwischen 2013 und 2018 umstritten. Das Verwaltungsgericht Neustadt hatte die entsprechende Verfügung der LMK bereits aufgehoben.

Im vorigen Jahr erfolgte schließlich eine Neuausschreibung von Sendezeiten für unabhängige Dritte, deren Entscheidung im Februar bekanntgegeben wurde. Das geschah zwar "einvernehmlich mit Sat.1", wie die LMK betonte, bedeutete aber nicht, dass dass Sat.1 sich dem einfach so fügen will. Jetzt heißt es von Seiten des Gerichts, dass eine Neuausschreibung der Sendeplätze nicht hätte vorgenommen werden dürfen, solange das laufende Zulassungsverfahren für den Lizenzzeitraum zwischen 2013 und 2018 noch nicht beendet gewesen ist. Tatsächlich war das gegen die LMK-Entscheidung geführte Berufungsverfahren erst im Februar 2017 nach Rücknahme der Berufung eingestellt worden.

Erst danach hätte die Ausschreibung beginnen dürfen. Zu diesem Zeitpunkt habe aber keine Drittsendezeitpflicht mehr bestanden, weil in der dafür maßgeblichen Referenzperiode zwischen Februar 2016 bis Januar 2017 der Zuschaueranteil der ProSiebenSat.1-Gruppe weniger als 19 Prozent betragen habe. Privatsender sind nämlich nur dann dazu verpflichtet, wenn sie mehr als zehn Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum erzielen oder die gesamte Sendergruppe zusammen auf mehr als 20 Prozent kommt - beide Messlatten verfehlen Sat.1 respektive ProSiebenSat.1 inzwischen längst.

Doch auch unabhängig von der Problematik der Lizenzzeitraum-Überschneidung hätte die Bestimmung des Zuschaueranteils nach dem Rundfunkstaatsvertrag für das neue Zulassungsverfahren nicht auf der richtigen Referenzperiode beruht, sodass Sat.1 voraussichtlich nicht zur Bereitstellung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen wäre, heißt es jetzt von Seiten des Gerichts. Gegen den Beschluss kann nun Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.

"Wir freuen uns sehr über die Entscheidung des VG Neustadt", sagte Sat.1-Sprecherin Diana Schardt gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. "Eine genaue Analyse des Urteils läuft derzeit, aber auf den ersten Blick ist das Gericht bei seiner Entscheidung in den meisten Punkten der Argumentation von Sat.1 gefolgt. Mit den Produzenten haben wir eine einvernehmliche Lösung gefunden. Die Sendeplätze von 'Grenzenlos' am Samstagvorabend sowie 'Dinner Party' in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch bestücken wir ab sofort und bis auf Weiteres neu."

Sat.1 muss Regionalprogramme zeigen

Unterdessen hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz die Verlängerung der Zulassung von TV IIIa zur Veranstaltung und Verbreitung des täglichen Regionalprogramms in Sat.1 als rechtmäßig erachtet. Die LMK hatte im Mai 2014 auf Antrag von TV IIIa deren bisherige Zulassung aus dem Jahr 2004 zur Veranstaltung und Verbreitung eines sogenannten regionalen Fensterprogramms für Rheinland-Pfalz und Hessen verlängert, wogegen Sat.1 und ProSiebenSat.1 TV Deutschland Klage erhoben, weil die Zulassung ihrer Ansicht nach nur nach einem Ausschrei­bungsverfahren hätte verlängert werden dürfen. Das habe es aber nie gegeben. 

Das Gericht schloss sich nun in vollem Umfang der Urteilsbegründung der Vorsintanz an, wonach Sat.1 gesetzlich zur Aufnahme eines Regionalfensterprogramms verpflichtet sei. Eine Verlängerung der bestehenden Regionalfensterzulassung sei auch ohne eine vor­herige Ausschreibung zulässig.