Die Boulevard-Zeitung "Österreich" und ihr Nachrichtensender oe24.tv werden in den kommenden Wochen keine Inserate und Werbespots der SPÖ von Bundeskanzler Christian Kern erhalten. Kern wird den Titeln der Mediengruppe Österreich auch keine Interviews geben. Das hat er nun in einem Posting bei Facebook angekündigt. Grund für diesen ungewöhnlichen Schritt ist eine angebliche Kampagne, die "Österreich" aus Sicht der Kanzlers fährt.

"Nur, weil ich bei einer Wahl kandidiere, heißt das noch lange nicht, dass ich alles mitmachen muss. Die Tageszeitung ‘Österreich’ führt eine Kampagne gegen meine Person. Jeden Tag werden verleumdende Texte und abwertende Fotomontagen veröffentlicht. Offenbar erwartet sich der Herausgeber dadurch mit anderen Kandidaten bessere Geschäfte", schreibt Kern. Er wolle da nicht weiter mitmachen. "Für mich ist klar: Als Politiker muss ich kritische Berichterstattung aushalten und würde sie mir bei inhaltlichen Fragen sogar mehr wünschen. Aber hier geht es nicht um kritische Berichterstattung, sondern um eine Kampagne und um einen Angriff auf die politische Kultur im Land."

Stein des Anstoßes ist ein internes SPÖ-Dossier, das "Österreich" in den vergangenen Tagen gleich mehrfach veröffentlicht hatte. Darin war unter anderem von einem "Glaskinn" des Parteichefs die Rede, zudem wurde Kern darin als "Prinzessin" und "ungemein eitel" bezeichnet. Kanzleramtsminister Thomas Drozda beeilte sich nach dem Posting von Kern zu betonen, dass es sich nicht um einen generellen Inserate-Boykott handele, sondern nur um einen Stopp der Wahlkampf-Anzeigen.

"Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner reagierte gelassen auf die Ankündigung des Kanzlers und erklärte, dass es bei den gestoppten Anzeigen um "die atemberaubende Summe von 50.000 Euro" gehe. Dies werde weder den Wahlsieg noch den wirtschaftlichen Erfolg der Zeitung beeinflussen. Fellner weiter: "Der Abdruck des 'Dossiers', auf das der Kanzler wie eine Super-Mimose reagiert, war journalistische Pflicht." Kern solle sich überlegen, ob seine Reaktion angemessen gewesen sei. "Politiker sollten nicht als 'Strafe' für ihnen nicht genehme Berichte Interviewverbote und Inseratenboykotte verhängen. Das ist schlechter Stil à la Donald Trump."