„Unser Ziel war sicher nicht, einfach mal neu zu streichen“, sagt Jan Kaiser, Geschäftsführer des nun unter Bavaria Fiction firmierenden Produktionshauses, im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Hinter dem Namenswechsel stecke mehr. Das Unternehmen, vor zehn Jahren einst als klassischer Auftragsproduzent gegründet, will mit neuen Partner neue Produktionsmodelle ausprobieren. Aufsehen erregt hat die in Produktion befindliche Serien-Fortsetzung zu „Das Boot“ für Sky und Sonar Entertainment sowie die erst kürzlich angekündigte Produktion „Germanized“ - die erste Telekom-exklusive Serie mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle.



Damit emanizpiert sich die Tochterfirma von Bavaria Film und ZDF Enterprises ein Stück weit vom Brot-und-Butter-Geschäft der Auftragsproduktion für ARD und ZDF. Oder wie Kaiser es sagt: „Wir sind sexy geworden. Jetzt haben wir neben unserem Kerngeschäft der Auftragsproduktion für die öffentlich-rechtlichen Sender Lust auf mehr Eventproduktionen und internationale Koproduktionen.“ Dafür habe man sich auch personell entsprechend aufgestellt. Geschäftsführer Jan Kaiser: „Moritz Polter kümmert sich seit letztem Jahr sehr erfolgreich um unser internationales Geschäft. Im Sommer haben wir Oliver Vogel als Chief Creative Officer berufen, der in seiner neuen Funktion alle inhaltlichen Aktivitäten der Bavaria Fiction und ihrer Produzenten verantwortet.“

„Dass sich die Medienbranche in einem Umbruch befindet, ist eine Binsenweisheit, aber für Produktionsfirmen im Speziellen ist es eine sehr aufregende Zeit, weil sich neue Finanzierungsmodelle und Partnerschaften ergeben. Davon können aber nur Firmen profitieren, die sich dafür richtig aufstellen“, so Kaiser. „Wenn Sie mit internationalen Partnern zu tun haben, tun Sie sich mit dem Firmennamen Bavaria Fernsehproduktion ein bisschen schwer – buchstabieren Sie das mal auf englisch! Und wir wollen unser Geschäft neben der klassischen Fernsehproduktion weiter ausbauen. Wir sind Geschichtenerzähler für alle Sender und Plattformen und auch deshalb erschien „Fernsehproduktion“ nicht mehr zeitgemäß.“

Doch keineswegs will man den Auftragsproduktionen von ARD und ZDF den Rücken kehren. Kaiser: „Die Bavaria Fernsehproduktion hat schon seit ihrem Start mit den ‚Rosenheim-Cops‘ eine super erfolgreiche langlaufende Serie, wir haben mit ‚Sturm der Liebe‘ eine tolle Daily, haben uns im Krimi-Bereich verstärkt, produzieren Fernsehfilme wie ‚Grüß Gott, Persien‘ und Reihen wie ‚Inga Lindström’ und sind beim ‚Tatort‘ erfolgreich dabei. Wir gehören seit Jahren stabil zu den größten fiktionalen Produzenten Deutschlands. Das war, ist und bleibt unser Anspruch, gerade auch in einem sich internationalisierenden und damit größer werdenden Markt.“

Zur Produktion von „Das Boot“ will Kaiser nicht viel verraten. „Wir drehen seit dem 31. August und erfreuen uns an den hervorragenden Büchern und der tollen Besetzung. Wir sind verliebt in das Projekt“, sagt er und spricht von einer Marke mit „außergewöhnlicher Strahlkraft“. In der Tat: Im Zuge des bevorstehenden Starts von „Babylon Berlin“ wurde etwa mehr als einmal behauptet, dies könne die erste international relevante TV-Produktion seit „Das Boot“ werden. Doch für die in den Händen von Bavaria Fiction liegende TV-Fortsetzung wird der Erwartungsdruck damit auch nicht gerade geringer.

„Für uns ist der Ausbau des internationalen Geschäfts ein wichtiger strategischer Schritt, denn für High-End-Serien wie ‚Das Boot‘ mit einem Budget von über 26 Millionen Euro benötigt man mehrere Finanzierungspartner.“ Und diese neuen Partner, die brächten auch ganz andere Erwartungen mit. Jan Kaiser: „Je größer und komplexer eine Produktion ist, desto höher sind die Erwartungen an die Produktionsfirma. Viele unserer Produzenten verfügen auch über Kinoerfahrung und dieses Wissen ist Gold wert. Alle erwarten heute ein Mehr an Einsatz und Präsenz, was diverse Folgen für eine Produktionsfirma hat. So haben wir seit einigen Monaten auch Isabelle Fedyk für Marketing und PR. Wir sind sichtbarer geworden.“

Wachstumschancen sieht Bavaria Fiction-Chef Kaiser möglicherweise auch in der Produktion einer zweiten täglichen Serie. Auch wenn dies nicht einfacher geworden sei in den vergangenen Jahren. Aber: „Wer weiß, vielleicht ist auch irgendwann eine Plattform so weit und will dank täglicher Serie mit ‚Suchtpotential‘ ihre Abonnenten an sich binden.“ Bis dahin erfreut sich Jan Kaiser an der neuen Lust des Privatfernsehens auf deutsche Serien. Konkreter: An der Serienoffensive von RTL. „Wir sind zuversichtlich auch hier als erwiesenermaßen fähiger Produzent mit der richtigen Idee zum Zuge zu kommen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Außerdem haben wir bereits in der Vergangenheit mit ‚IK 1 – Touristen in Gefahr‘ und ‚Alle lieben Jimmy‘, einer für den International Emmy nominierten Produktion, Serien bei RTL platziert.“