Möglicherweise haben Sie schon davon gehört. Das Thema Datenschutzgrundverordnung bzw. die Entwürfe einer ePrivacy-Verordnung der EU sind seit Monaten schon Thema in der deutschen und europäischen Medienpolitik. Es ist ein eher sperriges Thema und daher längst noch nicht so weitläufig bekannt und verstanden. Um es stark vereinfacht zu erklären: Die EU will den Verbraucherschutz im Netz stärken. Doch was zunächst unbestritten sinnvoll klingt, hat aus Sicht vieler Medienhäuser einen Haken. Der aktuelle Entwurf bevorteilt ausgerechnet die Internet-Giganten aus dem Silicon Valley.
Konkret geht es darum, dass Nutzer der Verwendung ihrer Daten im Vorfeld zustimmen müssen. Für die Internet-Riesen Google und Facebook ist das gar kein Problem. Sie machen einen Account zur Grundvoraussetzung ihrer Nutzung. Die entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen - in denen die weitgehende Datennutzung eingeräumt wird - wird natürlich kaum jemand gelesen haben. Innerhalb der Angebotsuniversen von Google und Facebook hat der Nutzer somit vorab allem zugestimmt. Anders verhält es sich mit der Nutzung von vergleichsweise kleineren Internet-Angeboten beispielsweise auf nationaler oder gar regionaler Ebene.
Sie agieren oft ohne eigene Communitys und wenn dann selten verpflichtend. Durch Social Media kommen mehr denn je Gelegenheitsbesucher durch Verlinkungen auf einzelne Webangebote. Eine Registrierung vor der Nutzung von einzelnen Websites würde Nutzer abschrecken, Reichweiten sinken und Werbung unattraktiver machen - so die Befürchtung von vielen deutschen Medienhäusern und der Werbewirtschaft, die deshalb Sturm laufen gegen einen vermeintlichen Schutz der Verbraucher, der jedoch großen dominierenden Plattformen einen Wettbewerbsvorteil verschafft, dessen Verbraucherfreundlichkeit diskussionswürdig ist.
Bei der jährlichen Fachtagung der Organisation Werbungstreibende im Markenverband (OWM) in Berlin gehörte die geplante ePrivacy-Verordnung am Mittwochmorgen zu den wichtigsten und unbestreitbar am leidenschaftlichsten Themen. Tina Beuchler, Vorsitzende der OWM, erntete im Saal Standing Ovations für ihre Kritik an dem aktuellen Entwurf der ePrivacy-Verordnung. Er sei „Nutzer-unfreundlich und kontraproduktiv“. Amüsantes Detail: Einer der Sponsoren der Veranstaltung ist ausgerechnet Facebook, das bei der von anderen so befürchteten Regelung auf mehr Werbegelder hoffen könnte weil hier problemlos geworben werden dürfte. Eine Verlagerung über die man bei Medienhäusern wie der Mediengruppe RTL Deutschland nicht glücklich wäre.
Prof. Christian Höppner, Vorsitzender des Medienbeirats der Mediengruppe RTL Deutschland, stützt sich auf diese Argumentation. Medienangeboten werde die Finanzierungsgrundlage zu Gunsten von Konzernen aus dem Silicon Valley entzogen, die aber gar nicht im vergleichbaren Maße Inhalte beisteuern. Der Medienbeirat forderte bei seiner Sitzung am Dienstag daher „dass der europäische Datenschutz einen fairen Ausgleich zwischen den digitalen Geschäftsmodellen der hiesigen Medienunternehmen und den Schutzinteressen der Verbraucher erfordere.“
„Anderenfalls müssten die europäischen Medienanbieter werbefinanzierte Inhalte zunehmend den US-Konzernen überlassen und wären nach und nach auf Bezahlangebote beschränkt“, so die Einschätzung von Anke Schäferkordt, Geschäftsführerin der Mediengruppe RTL Deutschland.