Wer bei der Schlagzeile "Mehr Böhmermann beim ZDF" schon gedacht hat, dass aus dem wöchentlichen "Neo Magazin Royale" doch eine zumindest mehrmals die Woche sendende Late Night wird, hat sich getäuscht: Die Zahl der Sendungen wird lediglich von 34 auf 38 im kommenden Jahr erhöht. An einer klassischen Late Night, die eigentlich werktäglich auf Sendung gehen müsste, hat Böhmermann nach eigenen Aussagen aber auch schon gar kein Interesse mehr, wie er nun gegenüber der "Zeit" erklärte.

"Ich habe mich vor anderthalb Jahren nach der Erdoğan-Nummer innerlich davon verabschiedet", so Böhmermann. "In der Welt meiner Großmutter, wo das Fernsehen Leitmedium ist, wäre das die richtige Idee. Aber ich gucke ja selber kein Fernsehen mehr. Meinen Tag ordnet mir Twitter ein. Permanent." Die Sehnsucht nach einer täglichen Late Night, wie sie hierzulande nur kurze einige Jahre mit Harald Schmidt erfolgreich war, sei "nur Sentimentalität".

Im Interview erklärt er auch, was ihn von Harald Schmidt unterscheidet - wie man etwa an der Sendung nach dem Bataclan-Attentat sehen konnte, die in ungewohnt ernsten Ton gehalten war, ganz anders als Schmidts erste Sendung nach den Anschlägen vom 11. September. "Ich war wirklich erschüttert und hatte das wahrhaftige Bedürfnis, das zu artikulieren. Ich mache das dann, aber ich weiß: Das bedeutet nichts. Ich habe nicht das Zeug, die Dunja Hayali von ZDFneo zu werden." Böhmermann weiter: "Bei mir ist die Erkenntnis gereift: man kommt nicht weiter, wenn man immer nur über den Dingen steht. Niemand steht über den Dingen, man steht in den Dingen." Und zu Schmidts Vorwurf, Kanzleramtsminister Altmaier in der Erdoğan-Sache sei uncool gewesen, sagt er: "Coolness ist kein maßstab, will- kommen in der Gegenwart. Was für ein neurotisches Konzept: Coolness. Cool sind heute alle. Aber auch coole Leute werden vom Auto überfahren. Coole Leute, hieß es auch, engagieren sich nicht politisch. Die gucken zu und wissen es besser. Das Ergebnis spüren wir ja gerade."

Am "Spiegel"-Titel "Die unheimliche Macht - wie ARD und ZDF Politik betreiben" lässt er kein gutes Haar. "Allein der Titel schon. Haben ARD und ZDF Barschel ermordet, Maddie entführt und Aids verursacht? Dem Journalisten in mir hat es schon das Herz gebrochen. Beim 'Spiegel' sitzen doch so viele schlaue Festangestellte in ihren Einzelbüros, die es eigentlich besser wissen müssen." Zugleich betont er wie schon häufiger, dass das öffentlich-rechtliche System reformiert werden müsse. Solange das System stärker sei als der Inhalt, sei das ein großes Problem für alle engagierten und qualifizierten Journalisten und Unterhaltungsleute. "Jeder Tag ein neuer Kampf mit Formularen, merkwürdigen Regeln und dem Muff von 70 Jahren."

Das komplette Interview erscheint am Donnerstag in der "Zeit"