In der vergangenen Woche berichtete "Bild" unter der Überschrift "Neue Schmutzkampagne bei der SPD!" über einen "brisanten Mailverlauf", der dem Blatt von einem anonymen Informanten zugespielt worden sei. In diesen Mails habe ein Russe namens Juri Juso-Chef Kevin Kühnert Unterstützung bei dessen NoGroko-Kampagne angeboten, die dieser in Teilen auch als interessantes Angebot bezeichnet habe. Der Mail-Verlauf liest sich abenteuerlich - so soll Kühnert beispielsweise nach Juris Lieblings-Drink gefragt haben, um dessen Indentität zu bestätigen.

"Bild" schrieb zwar stets von "angeblichen" E-Mails - hielt sie aber trotzdem nicht für so unglaubwürdig als dass sie nicht eine Titelgeschichte hergegeben hätten. Die Jusos hatten schon vor Veröffentlichung der Geschichte von einem Fake gesprochen und auch darauf verwiesen, dass abgesehen vom fragwürdigen Inhalt auch Kühnerts Mail-Adresse nicht korrekt sei - sie ende nicht auf jusos.de, sondern auf spd.de. In dieser Woche legte "Bild" nun nochmal nach und ließ sich von einem "Cyber-Security-Professor" bestätigen, dass die Mails auf einen Verfasser hindeuten würden, der "mit hoher Wahrscheinlichkeit Zugang zu Systemen der SPD" habe.

Nun behauptet allerdings das Satire-Magazin "Titanic", hinter den gefälschten Mails zu stecken. Der Schriftverkehr sei von "Titanic"-Redakteur Moritz Hürtgen an "Bild" lanciert worden. "Eine anonyme Mail, zwei, drei Anrufe – und 'Bild' druckt alles, was ihnen in die Agenda paßt", lässt der wissen. Man habe versucht, "mit Copy+Paste die journalistiche Qualität der 'Bild' zu überprüfen." Hürtgen schreibt weiter: "Wir möchten uns trotzdem gegen den Vorwurf der Jusos verwehren, es handle sich um eine 'plumpe Fälschung'. Das ist unverschämt. Da stecken mindestens drei Stunden Arbeit drin. (...) Ich kann Volkschefredakteur Julian Reichelt und seine Leute verstehen: Wie soll man solche Fälschungen erkennen, wenn man unbedingt eine Kampagne fahren will?" Den E-Mail-Verkehr, auf den "Bild" angeblich seine Berichtet stützte, hat "Titanic" auf seiner Website zum Download bereitgestellt.

Bei "Bild" sieht man keine eigenen Fehler. Ein Sprecher erklärt auf DWDL.de-Anfrage: "Die Echtheit der uns anonym zugestellten E-Mails haben wir immer deutlich in Frage gestellt und journalistisch eingeordnet: 'Für die Echtheit gibt es keinen Beweis' ('Bild', 16.2.2018). Auslöser unserer Berichterstattung war die Ankündigung der SPD, Strafanzeige gegen Unbekannt zu stellen. Wir sind gespannt, ob die SPD diese nun gegen Titanic richten wird."

"Titanic"-Redakteur Moritz Hürtgen hat sich inzwischen ausführlicher in einem "FAZ.net"-Interview geäußert. Dort erklärt er, wie simpel "Titanic" "Bild" überlistet habe. Ein Hack der SPD-Server sei nicht notwendig gewesen, es habe gereicht, in die Mail Serverdaten einer echten SPD-Mail reinzukopieren. Es habe einige Telefonate mit "Bild" gegeben, viel sei aber nicht nötig gewesen, um die Redakteure zu überzeugen.

Inzwischen hat sich "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt auf Twitter erklärt:

 

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