Auch wenn "Bild"-Chef Julian Reichelt keine größeren Fehler bei der "Bild" sieht: Für die große Schlagzeile "Neue Schmutzkampagne bei der SPD", die auf einer recht plumpen Fälschung eines angeblichen Mail-Verkehrs zwischen Juso-Chef Kevin Kühnert und einem Russen, der "Bild" von der "Titanic" untergejubelt worden war, basierte, gab's nun eine Rüge vom Presserat. Das Gremium rügt, dass "Bild" die Geschichte veröffentlichte, obwohl die SPD mit "offensichtlichen Argumenten wie der falschen Endung der E-Mail-Adresse" dementiert habe - "Bild" also problemlos hätte erkennen können, dass es sich um eine Fälschung handelt. Trotzdem hatte "Bild" auf der Titelseite suggeriert, dass es eine "neue Schmutzkampagne" bei der SPD gebe, obwohl dem nicht so war. Der Presserat sieht darin einen schweren Verstoß gegen das Wahrhaftigkeitsgebot in Ziffer 1 des Pressekodex. Diese Irreführung der Leser beschädigt Ansehen und Glaubwürdigkeit der Presse, so der Presserat, der deshalb eine öffentliche Rüge erteilte.

Und das ist nicht die einzige SPD-Geschichte, die der "Bild" Ärger mit dem Presserat einbrachte, auch der "GroKo-Hund Lima", den "Bild" als SPD-Mitglied eingeschleust hatte, wurde mit einer Missbilligung geahndet. Hier fällt das Urteil aber differenziert aus: Die Recherche unter falschen Angaben verletzt demnach nicht wie von der SPD bemängelt den Pressekodex, weil es ein hohes öffentliches Interesse daran gegeben habe, ob der Mitgliederentscheid anfällig für Manipulationen sei. Allerdings habe der Bericht nicht erwähnt, dass es mit der Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung vor der Abstimmung über die GroKo durchaus einen Sicherungsmechanismus gegen Manipulation gab. Die Überschrift "Dieser Hund darf über die GroKo abstimmen" sei deshalb unzutreffend und ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht.

In einem anderen Fall gab's vom Presserat grünes Licht: Die Veröffentlichung polizeilicher Fahndungsfotos von mutmaßlichen G20-Straftätern sei "presseethisch akzeptabel" gewesen, so der Presserat, da die Fotos aus einer öffentlichen Fahndung nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss übernommen worden seien. Die Bezeichnung der abgebildeten mutmaßlichen Täter als "Verbrecher" oder "Chaoten" stelle in diesem Fall auch keine Vorverurteilung, sondern eine gerade noch zulässige Zuspitzung dar, zumal "Bild" im Text auch immer wieder von "Tatverdächtigen" spreche.

Auch Beschwerden gegen "Zeit Online" wegen der Berichterstattung über den Fall Dieter Wedel wurden zurückgewiesen. "Zeit Online" hatte zwei Artikel aus der Print-Ausgabe zusammengenfasst, Wedel war mit den Vorwürfen sexueller Belästigung konfrontiert worden und hatte sich gegenüber der "Zeit" auch geäußert. Aus Sicht des Presserats sei das eine "vorbildliche Verdachtsberichterstattung über einen Fall von hohem öffentlichen Interesse". Die Unschuldsvermutung sei gewahrt, "Zeit Online" habe "äußerst sorgsame Recherche" nachweisen können, Wedel zudem ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Einen "Medienpranger" erkennt der Presserat nicht.

Rügen gab's hingegen gegen "Bild.de" und "TZ", die Fotos von Opfern verschiedener Gewalttaten gezeigt und teils auch deren komplette Namen genannt hatten, obwohl eine identifizierende Berichterstattung nicht durch ein öffentliches Interesse gedeckt war. Es handle sich daher um grobe Verstöße gegen den Persönlichkeitsschutz der Opfer. Gerügt wurde "Bild" auch dafür, dass unter der Überschrift "Sieben Jahre Knast für mieses Rache-Video" tatsächlich nochmal ein Screenshot aus dem Video gezeigt wurde. "Obwohl die Frau auf dem Foto nicht erkennbar ist, muss sie durch die wiederholte Veröffentlichung ihre Demütigung noch einmal erleben", so der Presserat. Dies sei entwürdigend.

Eien Rüge gab's auch für das Online-Angebot des "Express", weil dort unter der Überschrift "Nach dem Tod eines Kindes (7): Heftige Vorwürfe gegen Düsseldorfer Notarztpraxis" einfach ungeprüft Vorwürfe aus einem Facebook-Posting übernommen wurden. Eine Rüge gab's für die "Bild"-Schlagzeile "Schüler im Saarland immer schlechter", weil die zugrunde liegende Studie diese Aussage gar nicht hergab. Nicht öffentlich ist eine Rüge gegen die "Schwäbische Zeitung", die bei der Berichterstattung über ein Strafverfahren die Persönlichkeitsrechte eines Opfers schwer verletzt habe. Und schließlich wurden noch "Jolie", "Kinder" und "Wilhelmshavener Zeitung" wegen Schleichwerbung gerügt.