Nachdem die #MeToo-Debatte auch in Deutschland diverse Fälle von sexueller Belästigung und Gewalt im Film- und Fernsehbereich ans Licht gebracht hat, erklärten schon diverse Sender und Verbände, eine unabhängige Stelle einrichten zu wollen, an die sich Betroffene vertrauensvoll wenden können. Nun wurde ein entsprechender Verein gegründet, der die unabhängige Vertrauensstelle betreiben wird.

Die Vertrauensstelle ist zunächst auf den Film-, Fernseh-, Theater- und Orchesterbereich beschränkt, kann aber durch Beteiligung weiterer UnterstützerInnen und entsprechender BranchenvertreterInnen auf die gesamte Medienbranche, den Musikbereich und andere Kulturzweige ausgeweitet werden. Neben der Entgegennahme und Prüfung von Beschwerden und der Unterstützung Betroffener stehen die Aufarbeitung und Prävention sexueller Belästigung und Gewalt im Mittelpunkt.

Wann genau die Vertrauensstelle ihre Arbeit aufnimmt, ist noch nicht klar, es solle aber "zügig" geschehen. Dauerhaft finanziert werden soll das durch die Vereinsmitglieder, wozu u.a. ARD und ZDF, der Verband Privater Medien VAUNET, der Produzentenverband, ver.di und zahlreiche Berufesverbände gehören. Zunächst geht der Bund in Vorleistung und hat 100.000 Euro zugesagt, die ARD will dauerhaft 40.000 Euro pro Jahr geben, der Deutsche Bühnenverein, das ZDF und VAUNET jeweils 15.000, die Produzentenallianz 10.000 Euro jährlich. Außerdem werden Fördergelder bei der Filmförderungsanstalt und den Verwertungsgesellschaften der ArbeitnehmerInnen sowie auch der ArbeitgeberInnen beantragt.

Kultur-Staatsministerin Monika Grütters: "Es war und ist mir ein wichtiges politisches und menschliches Anliegen, angesichts sexueller Belästigungen, Demütigungen und Gewalt in der Filmbranche, aber auch in anderen Kultursparten eine Anlaufstelle mit zu initiieren, an die Betroffene sich vertrauensvoll wenden können,. Dafür habe ich neben der politischen vor allem auch finanzielle Unterstützung zugesichert. Mit der ‚Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung‘ haben wir nun ein breites Bündnis aus der besonders betroffenen Film-, Fernseh- und Theaterbranche aufgestellt, an dem sich aber auch Vertreter anderer Kulturzweige beteiligen können. Ich begrüße es, dass es gelungen ist, so viele Partner ins Boot zu holen, die dieses Projekt jetzt gemeinsam verwirklichen. Die Zeit des Schweigens muss vorbei sein!"

Simone Wagner, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Schauspiel, für die beteiligten Arbeitnehmerverbände und Berufsverbände Freischaffende: "Wir freuen uns, dass sich auf unsere Initiative hin nun Sender, Produzenten und viele Verbände der Film- Fernseh- und Theaterbranche auf den Weg gemacht haben, diese dringend notwendige überbetriebliche Anlaufstelle nun tatsächlich ins Leben zu rufen. Aufarbeitung und Prävention sexueller Gewalt ist unbedingte Voraussetzung für eine angstfreie Arbeitskultur, für die gerade die Vertreter der Arbeitnehmenden und Freischaffenden stehen müssen."

Alexander Thies, Vorsitzender der Allianz Deutscher Produzenten, Ulrich Khuon, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, und Susa Kusche, Vorstand Verband Deutscher Filmproduzenten, für die beteiligten Arbeitgeberverbände: "Die Gründung der Vertrauensstelle ist ein wichtiges Signal in unsere Branchen, denn wir sind der Überzeugung, dass eine Annahme-, Aufklärungs- und vor allem Hilfsstelle - in Ergänzung zu bereits vorhandenen Einrichtungen einiger Mitgliedsunternehmen und AuftraggeberInnen - für Betroffene einen wichtigen Beitrag leisten wird. Als Arbeitgeberverbände stehen wir dieser Stelle als Ansprechpartner zur Verfügung und werden diese in ihrer Arbeit unterstützen."

Ulrich Wilhelm, Vorsitzender der ARD, Annette Kümmel, TV-Vorstand VAUNET, und Dr. Thomas Bellut, Intendant des ZDF, für die beteiligten Sender begrüßen die neue Vertrauensstelle: "Neben den eigenen Anlaufstellen, Ombudspersonen und Beratungsangeboten in den Rundfunkanstalten wird diese branchenübergreifende Vertrauensstelle Betroffenen aus der gesamten Kreativwirtschaft eine weitere Möglichkeit bieten, ihre Anliegen in geschütztem Rahmen zu thematisieren. Die in eigener Sektion zusammengeschlossenen Sender unterstützen von Beginn an aktiv die gemeinsam mit zahlreichen Partnern der Branche entwickelten Ideen."

Barbara Rohm, Pro Quote Film Vorstand, und Heide Schwochow, Vorstand Deutsche Filmakademie, für die beteiligten Branchenverbände und -institutionen: "Dass die #Metoo-Debatte zur Zusammenarbeit so vieler BranchenvertreterInnen geführt hat, ist ein wichtiges Signal für alle Betroffenen. Jetzt gilt es die Idee eines Kulturwandels hin zu einem belästigungs- und gewaltfreien Arbeiten in die Tat umzusetzen. Diese Aufgabe wird nur mit viel Engagement und einem langen Atem umzusetzen sein. Die großen Erwartungen, die an die überbetriebliche und neutrale Beschwerdestelle gerichtet werden, dürfen nicht enttäuscht werden. In mehreren Veranstaltungen der Deutschen Filmakademie ist immer wieder zum Ausdruck gekommen, dass sich die Branche sowohl eine juristische Einordnung von Fällen sexueller Belästigung und Gewalt wünscht, als auch eine psychologische Erstbetreuung. Das ist das Wunderbare an der Vertrauensstelle: Sie wird Problemlösungen und aktive Unterstützung für Betroffene anbieten und - nicht zuletzt - Machtmissbrauch immer wieder thematisieren, um ein angstfreies Arbeitsklima zu ermöglichen."