Beinahe könnte man Studio 41 der Kölner MMC-Studios für eine historische Kunst- und Kostümwerkstatt halten. Regisseur und Autor Lars Kraume dreht dort gerade seine sechsteilige ZDF-Serie mit dem Arbeitstitel "Die neue Zeit" – und legt großen Wert auf authentische Ausstattung. Schließlich steht die deutsche Kunst- und Design-Ikone im Mittelpunkt der Story: das berühmte Bauhaus, das 2019 sein hundertjähriges Gründungsjubiläum feiert.

Die aufwändige Koproduktion von zero one film, Constantin Television und Nadcon Film für ZDF und Arte kann auch vor der Kamera mit großen Namen aufwarten: August Diehl spielt Bauhaus-Gründer Walter Gropius, Anna Maria Mühe die Studentin und Künstlerin Dörte Helm. In weiteren Rollen sind Valerie Pachner, Ludwig Trepte, Hanns Zischler, Birgit Minichmayr oder Sebastian Blomberg zu sehen. Die Drehbücher, die Kraume mit Judith Angerbauer geschrieben hat, halten sich eng an die historischen Figuren und Ereignisse.

Am 58. von insgesamt 69 Drehtagen inszeniert Kraume eine Vorlesung an der Bauhaus-Schule, bei der die Studentin Dörte Helm einen selbstbewussten Auftritt hinzulegen hat. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und Gropius dient als roter Faden der Serie. Ob die beiden jemals wirklich eine Affäre hatten, ist nicht verbrieft – auf jeden Fall versuchten Gropius' Gegner vergeblich, ihn mit dieser vermeintlichen Schande zu vernichten. Vor allem im erzkonservativen Weimarer Bürgertum war das Bahaus mit seinen neuen, progressiven Ideen umstritten. Ein Ehrengericht wurde einberufen, um die Gerüchte über eine verbotene Beziehung zwischen Gropius und seiner Studentin zu untersuchen und den Direktor zu diskreditieren. "Die neue Zeit" erzählt die Geschehnisse von 1919, als in Weimar das Staatliche Bauhaus gegründet wurde, bis 1925, als das Bauhaus auf politischen Druck nach Dessau umziehen musste.

Geht es nach Kraume, soll die Serie aus drei Staffeln bestehen. Die zweite würde die Dessauer Zeit während des aufkommenden Nationalsozialismus erzählen, die dritte schließlich die Exilzeit, in der Bauhaus-Lehrer und -Schüler wie Gropius, Lyonel Feininger oder Marcel Breuer in die Ferne zogen und ihre Philosophie dort verbreiteten. Auch Frank Zervos, Leiter der zuständigen ZDF-Hauptredaktion Fernsehfilm/Serie I, wünscht sich diese Fortsetzung. Allerdings gebe es jetzt, mitten im Dreh für die erste Staffel, noch keine konkrete Beauftragung.

Sowohl Zervos als auch Produzent Thomas Kufus sind stolz darauf, dass "Die neue Zeit" zu hundert Prozent in Deutschland gedreht wird. Vor den Studioszenen in Köln war der Tross bereits in Weimar, Wuppertal und Remscheid, die letzten Szenen entstehen kurz vor Weihnachten in Berlin. Das ist angesichts des Aufwands mit eigenen Werkstätten und 3.800 Komparsen nicht selbstverständlich – und finanziell nur machbar, weil Film- und Medienstiftung NRW, Medienboard Berlin-Brandenburg, Mitteldeutsche Medienförderung, MFG Baden-Württemberg und German Motion Picture Fund erhebliche Fördermittel in das Projekt stecken.

Zudem setzen die Macher auf einen starken Weltvertrieb, um den sich die Beta Film kümmert. Immerhin zählen Architektur, Möbel und Kunsthandwerk made by Bauhaus zu den bekanntesten deutschen Marken weltweit. Speziell mit Blick aufs internationale Publikum hat Kraume eine Rahmenhandlung entworfen, die den 80-jährigen Gropius 1963 im New Yorker Exil im Streitgespräch mit der Buchautorin und Frauenrechtlerin Stina Branderup (Trine Dyrholm) zeigt. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, Frauen an seiner Schule zwar zugelassen, letztlich aber unterdrückt zu haben, und erzählt die Geschichte aus seiner Perspektive. Beta Film wird "Die neue Zeit" im Februar auf den Drama Series Days der Berlinale präsentieren.

Kraumes Serie, die in der zweiten Jahreshälfte 2019 im ZDF laufen soll, ist nicht das einzige fiktionale Bauhaus-Projekt zum hundertjährigen Jubiläum. Schon seit Juni abgedreht ist der von UFA Fiction überwiegend in Prag produzierte ARD-Film "Bahaus" (AT), der als Einzelstück die gesamte Geschichte von der Zeit kurz nach der Entstehung bis zur drohenden Auflösung durch die Nationalsozialisten erzählt. Drehbuchautor Jan Braren und Regisseur Gregor Schnitzler zeigen sie aus der Perspektive der fiktiven Kunststudentin Lotte Brendel, gespielt von Alicia von Rittberg. Die Rolle des Walter Gropius hat hier Jörg Hartmann übernommen.