In die Debatte um die Fälschungen in den Reportagen von Claas Relotius im "Spiegel" hat sich inzwischen auch der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, eingeschaltet. In einem Brief an den "Spiegel" holt er dabei zum großen Rundumschlag aus. "Es ist eindeutig, dass wir Opfer einer Kampagne institutioneller Voreingenommenheit geworden sind", heißt es im Schreiben, das vom "Spiegel" online gestellt wurde.

Und weiter: "Wir sind bestürzt über ein Betriebsklima, das dieses unverantwortliche Verhalten begünstigt hat." Generell wirft er dem "Spiegel" anti-amerikanische Berichterstattung vor, die seit dem Amtsantritt Trumps, der Grenell in diesem Jahr als Botschafter nach Deutschland entsendet hatte, "ins uferlose" gestiegen sei. Dies geschehe, weil die Leitung des "Spiegel" diese Art der Berichterstattung forciere. Grenell fordert eine gründliche Untersuchung durch eine externe, unabhängige Institution.

Wie nun schon vielfach geschehen, entschuldigte sich der stellvertretende "Spiegel"-Chefredakteur Dirk Kurbjuweit in seiner ebenfalls online veröffentlichten Antwort an Grenell "bei allen amerikanischen Bürgern, die durch diese Reportagen beleidigt und verunglimpft wurden. Uns tut das sehr leid. Das hätte niemals passieren dürfen." Den Vorwurf des Anti-Amerikanismus weist Kurbjuweit aber zurück. "Wenn wir den amerikanischen Präsidenten kritisieren, ist das nicht Anti-Amerikanismus, sondern Kritik an der Politik des Mannes im Weißen Haus. Anti-Amerikanismus ist mir zutiefst fremd und mir ist absolut bewusst, was Deutschland den USA zu verdanken hat: sehr viel. Es gibt beim 'Spiegel' keine institutionelle Voreingenommenheit gegenüber den USA", heißt es im Antwortschreiben Kurbjuweists.

Ohne Angabe von Details behauptet Grenell weiterhin, dass der "Spiegel" "regelmäßig Informationen und Berichte veröffentlich [habe], deren Unwahrheit sich herausgestellt hätte, wenn die Fakten zuerst mithilfe der US-Botschaft überprüft worden wären." Kurbjuweit fordert Grenell hier auf, seine Vorwürfe konkret zu machen. "Nennen Sie uns bitte diese Fälle, wir gehen dem umgehend nach."