Im Oktober 2017 wurden Missbrauchsvorwürfe gegen Kevin Spacey laut, die dieser in einem wirren Mix aus Coming Out und Unfähigkeit sich zu erinnern, erwiderte. Seitdem war es still geworden um Spacey, der in Folge dessen aus diversen Produktionen, darunter der finalen Staffel von „House of Cards“ entfernt wurde. Immer neue Presseberichte führten zu einem öffentlichen Urteil über den kurz zuvor noch gefeierten Schauspieler. Er selbst schwieg mehr als ein Jahr lang.

Ausgerechnet jetzt an Weihnachten - und ausgerechnet jetzt, wo bekannt wurde, dass ein US-Bezirksgericht ihn in einem anderen Fall für den 7. Januar 2019 vorgeladen hat, weil er im Jahr 2016 in einem Restaurant einen 18-Jährigen bedrängt haben soll - meldet sich der 59-Jährige mit einem bizarren Video auf YouTube und Twitter zurück. In dem dreiminütigen Video mit dem zweideutigen Titel „Let Me Be Frank“ (zu deutsch: „Lassen sich mich ganz offen sein“), der gleichzeitig auf seine Serien-Rolle des Frank Underwood anspielt, vermischt sich Fiktion und Realität.

Ganz im Stil von „House of Cards“ bricht er durch die vierte Wand und spricht sein Publikum direkt an. Er redet über Vorverurteilung ohne Fakten und Unschuld, was klingt als erkläre sich Kevin Spacey. Dann wiederum aber folgen Anspielungen auf die Netflix-Serie und ihre finale Staffel („All diese Vermutung führten jedenfalls zu einem so unbefriedigenden Ende und wenn man sich nur vorstellt, was für ein denkwürdiger Abschied es hätte werden können.“) Immer wieder schwankt die Ansprache zwischen Kunstfigur und Künstler.

Empfohlener externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt. Sie können sich den Inhalt anzeigen lassen. Dabei können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Ganz am Ende des Clips geht es noch einmal um „House of Cards“, in deren letzter Staffel, die im Herbst erschien, Kevin Spacey nicht mehr mitspielte. Frank Underwood wurde in der Serie für tot erklärt. In Anspielung darauf endet Kevin Spaceys bizarres Video mit den Worten: „Moment, jetzt wo ich darüber nachdenke: Sie haben mich nie wirklich sterben sehen, oder? Schlussfolgerungen können so irreführend sein“, sagt Spacey und fragt nach kurzer Pause „Vermissen Sie mich?“, bevor dramatische Cliffhanger-Musik einsetzt.

Was hinter dem merkwürdigen Video steckt, ist unklar. Schnelle Spekulationen im Netz, dass Netflix gemeinsam mit Kevin Spacey hinter diesem Video stehe, haben auch US-Branchendienste angesichts der andauernden ungeklärten Vorwürfe gegen Spacey als höchst unwahrschienlich eingeordnet. Netflix hat sich jedoch noch nicht offiziell dazu geäußert. Ob die Andeutungen bezüglich „House of Cards“ Substanz haben, ist zu bezweifeln.

Auch wenn er Stilmittel der Serie und das Auftreten seiner Serienfigur nutzt, ist das Video-Comeback wohl viel mehr eine private Erklärung, näher an der Person Kevin Spacey als an der Netflix-Serie. 15 Monate nachdem Spacey er von Vorwürfen zur Persona non grata in Hollywood wurde, wird im Januar nun erstmals die Justiz über einen der prominenten Vorwürfe entscheiden. Das Video wirkt wie der Versuch, dem öffentlichen Narrativ über sich selbst, etwas mit Ausrufezeichen entgegen zu setzen. Ein gewagter Versuch.

Im Folgenden dokumentiert DWDL.de den Wortlaut des Videos von Kevin Spacey in deutscher Übersetzung:

"Ich weiß, was Sie wollen. Oh sicher, sie haben versucht, uns zu trennen, aber was wir haben, ist zu stark, es ist zu mächtig. Schließlich haben wir alles geteilt, Sie und ich. Ich habe Ihnen meine tiefsten, dunkelsten Geheimnisse erzählt. Ich habe Ihnen genau gezeigt, wozu die Menschen in der Lage sind. Ich habe Sie mit meiner Ehrlichkeit erschüttert, aber meistens habe ich Sie herausgefordert und zum Nachdenken gebracht. Und Sie vertrauten mir, obwohl Sie wussten, dass Sie es nicht sollten.

Also sind wir noch nicht fertig, egal was die Anderen sagen. Und außerdem weiß ich, was Sie wollen: Sie wollen mich zurück. Natürlich haben Einige alles geglaubt und haben nur mit angehaltenem Atem darauf gewartet, dass ich alles gestehe. Sie warten nur darauf, dass ich erkläre, das alles, was gesagt wurde, wahr ist und ich bekomme, was ich verdiene. Wäre das nicht einfach, wenn alles so simpel wäre? Nur Sie und ich wissen, dass es niemals so einfach ist, weder in der Politik noch im Leben.

Aber Sie würden ohne Beweise nicht das Schlimmste glauben, oder? Sie würden nicht ohne Fakten zu Urteilen eilen, oder? Haben Sie? Nein, nicht Sie. Sie sind zu schlau dafür. All diese Vermutung führten jedenfalls zu einem so unbefriedigenden Ende und wenn man sich nur vorstellt, was für ein denkwürdiger Abschied es hätte werden können. Ich meine, wenn Sie und ich eins gelernt haben, in den vergangenen Jahren, dann, das im Leben und der Kunst nichts vom Tisch sein sollte.

Wir hatten keine Angst, nicht vor dem was wir gesagt oder getan haben. Und wir haben noch immer keine Angst. Ich kann Ihnen versprechen: Wenn ich nicht den Preis für die Dinge bezahle, von denen wir beide wissen, dass ich sie getan habe, werde ich sicherlich nicht den Preis für die Dinge zahlen, die ich gar nicht getan habe. Natürlich werden sie sagen, dass ich respektlos bin, weil ich nicht nach den Regeln spiele. Als hätte ich jemals nach irgendwelchen Regeln gespielt hätte. Ich habe es nie getan - und Sie haben es geliebt.

Immerhin: Trotz des ganzen Quatschs, der Feindseligkeit, der Schlagzeilen, der Amtsenthebung ohne Gerichtsverfahren, trotz allem, sogar trotz meines eigenen Todes, fühle ich mich überraschend gut. Und mein Vertrauen wächst von Tag zu Tag, dass sie schon bald die ganze Wahrheit kennen werden.

Moment, jetzt wo ich darüber nachdenke: Sie haben mich nie wirklich sterben sehen, oder? Schlussfolgerungen können so irreführend sein. Vermissen Sie mich?"