Wenn ein aufwendiger Spielfilm oder eine neue Serie Fernsehpremiere feiern, dann ist das für Fiction-Chefs eines jeden Senders in aller Regel ein guter Anlass, um öffentlich in Erscheinung zu treten. Sie erzählen dann in Interview, wie stolz sie auf das Projekt sind und welch große Bedeutung es für ihr Haus hat. Nicht so beim prestigeträchtigen WDR-Zweiteiler "Brecht" von Heinrich Breloer, der vor wenigen Tagen ausgestrahlt wurde. Auch bei der neuen Serie "Ohne Schnitzel geht es nicht" - immerhin prominent besetzt mit Armin Rohde und Ludger Pistor – blieb ein solches Interview aus.
Aus gutem Grund, denn das Büro des WDR-Fernsehfilmchefs ist derzeit verwaist. Noch immer, möchte man anfügen, schließlich jährt sich in wenigen Wochen die Freistellung von Gebhard Henke beim WDR. Längst hat sich der langjährige Fiction-Verantwortliche mit dem Sender außergerichtlich auf ein Ende der Zusammenarbeit verständigt, nachdem ihm vorgeworfen wurde, mehrere Frauen sexuell belästigt zu haben. Zwar übernahm Barbara Buhl danach kommissarisch die Leitung des Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie, doch seit sie Ende August in den Ruhestand ging, betreute Buhl nur noch einzelne Projekte.
Seit September ist die größte öffentlich-rechtliche Anstalt Europas nach der BBC in der Fiction gewissermaßen führungslos – bis heute. Das ist vor allem deshalb überraschend, weil der WDR schon Mitte Dezember verlauten ließ, dass man einen Nachfolger für Henke gefunden habe (DWDL.de berichtete). 2019 werde Alexander Bickel die Leitung des Bereichs übernehmen und "ganz sicher neue Impulse setzen und so an die große Tradition des WDR anknüpfen", frohlockte Fernsehdirektor Jörg Schönenborn damals. Was der Sender damals verschwieg: Zu welchem Zeitpunkt Bickel seinen Posten in Köln antreten wird, ist völlig unklar.
"Herr Bickel hat noch einen laufenden Vertrag beim ZDF", erklärte eine WDR-Sprecherin am Freitag gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. "Der genaue Zeitpunkt seines Wechsels zum WDR steht zur Zeit noch nicht fest." Tatsächlich arbeitet Bickel, der Ende der 90er Jahre schon einmal als freier Lektor im Film-Bereich des WDR tätig war, derzeit noch für den Mainzer Sender als stellvertretender Leiter der Hauptredaktion Fernsehfilm-Serie II. Dort entstanden in der Vergangenheit Mehrteiler wie "Unsere Mütter, unsere Väter", die "Lotta"-Reihe mit Josefine Preuß oder die "Herzkino"-Reihe "Ella Schön".
Für das ZDF ist Alexander Bickel derzeit offenbar noch nicht entbehrlich – was für den WDR zumindest ärgerlich ist, weil seit Monaten nicht klar ist, in welche Richtung sich die Fiktion in Zukunft eigentlich bewegen wird. Aktuell werde die Abteilung von drei Kolleginnen und Kollegen der jeweiligen Bereiche Fernsehfilm, Kino und Serie gemeinsam kommissarisch geführt, heißt es. Das Warten auf den Neuen hält an.