Auf wen würden Sie folgende Lebensweise münzen: Er liegt die Hälfte des Tages auf der Couch, schaut fragwürdige Nachmittagsserien und ernährt sich größtenteils von Zucker und Bier. Richtig: Gott! Was in der echten Welt vor allem ein prokrastinierender Student wäre, stellt in der von TBS produzierten und ab Dienstag von TNT Comedy in ausgestrahlten Sitcom "Miracle Workers" den Erschaffer unserer Erde dar. Blasphemisch, könnte man meinen – und ja, das ist es auch. Jedoch auf höchst amüsante Art, die die Glaubensthematik von einem komplett anderen Blickwinkel beleuchtet.

 

In der Fernsehgeschichte gab es schon einige Schauspieler, die in die Rolle des Allmächtigen schlüpfen durften. Unvergessen sind unter anderem Morgan Freemans Performance in "Bruce Allmächtig", Alanis Morissette in "Dogma" und George Burns in "Oh, Gott…". Mit "Miracle Workers" darf sich nun auch Steve Buscemi zu den Göttern Hollywoods zählen. Während seine Kollegen jedoch mit einer gehörigen Portion Respekt an die Rolle herangeführt wurden, darf er in seiner Darbietung als depressiver Chef all das sein, was die Bibel scheinbar nie erwähnt hat.

Gelangweilt von seinem Leben entscheidet er sich dazu, seinem Dasein einen neuen Sinn zu verpassen: Die Erde muss weg, damit er seine neue Restaurant-Idee durchsetzen kann, die ihn endlich wieder mit Leidenschaft füllt. All die Gebete von seinem geschaffenen Planeten sind nur Schall und Rauch und werden konsequent ignoriert, da sie ihn kaum noch fordern. Nachdem er seinen Plan auf einer Arbeiterkonferenz mit seinen Engeln bekannt gibt, bekommt er von Eliza (Geraldine Viswanathan, "Janet King") jedoch einen Deal vorgeschlagen: Die Erde bleibt wo sie ist, wenn sie es schafft, eine der "unmöglichen" Gebete zu erfüllen. Gott stimmt zu, verlangt aber grausames von ihr. Wenn sie ihre Aufgabe in zwei Wochen nicht erfüllt, explodiert die Erde und sie muss einen lebendigen Wurm essen. Vor all ihren Kollegen.

Mit dieser kindisch anmutenden Prämisse dürfte "Miracle Workers" bereits an dieser Stelle bei vielen gläubigen Christen unten durch sein. Für alle anderen beginnt hier eine Reise voller Schmunzler, die mit überraschenden Lehrstücken um die Ecke kommt. So sucht sich Eliza samt ihres neuen Kollegen Craig, der von "Harry Potter"-Star Daniel Radcliffe verkörpert wird, das Gebet zweier junger Menschen heraus, die sich beide wünschen, dass sich der jeweils andere in sie verliebt. Mit dieser wunderbaren Parabel auf die Liebe und dem Szenario einer potenziell explodierenden Erde, wenn sie nicht erfüllt wird, schafft "Miracle Workers" eine Storygrundlage, die sich wohlig warm anfühlt. Endlich mal keine ausgelutschte Liebegeschichte! Noch mehr Pepp wir dem Ganzen dadurch gegeben, dass das Duo schnell feststellen muss, wie schwer es ist, zwei Menschen miteinander zu verkuppeln, die zutiefst schüchtern sind. Die teuflischen Umstände des Alltags tun ihr Übriges.

Und so beginnt die Kleinstarbeit der Engel, die penibel dafür sorgen müssen, dass die Gebete ethisch vertretbar erfüllt werden. In ihrem traurig-grau angerichteten Büro sorgen die beiden dafür, dass der Mythos "Engel" schnell verpufft – sie sind kaum besser dran als "Strombergs" Besatzung. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass sie ihre Arbeit über alles schätzen und lieben. Sie sind mit jener Leidenschaft am Werk, die Gott seit geraumer Zeit vermissen lässt. Die von Simon Rich umgesetzte Comedy zeigt dabei auf freche Weise, was er stattdessen treibt: Beispielsweise Bill Mahers Penis platzen lassen, weil sich dieser stets über Gott lustig macht. Derbe Gags wie diese sorgen bei den schwarzhumorigen Zuschauern für gute Lacher, zeigen im Grunde aber auch eine sehr interessante Sichtweise auf Gott.

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Immer wieder stellt sich die Frage, warum Gott, wenn es ihn denn gibt, nicht dafür sorgt, dass die Welt von Krieg befreit ist. "Miracle Workers" beantwortet diese Frage mit Witz und: Burn-Out. Gott hat sich an der Erde kaputt gearbeitet und möchte nicht noch mehr in Energie in sie stecken. Ähnlich pessimistisch geht er dementsprechend mit Elizas und Craigs Ambitionen um: "Liebesgebete können einfach nicht erfüllt werden. Es gibt zu viele Variablen." Der Bogen von seiner schwermütigen Laune hin zur Aufgabe, eben dieses "unmögliche" Gebet zu erfüllen, ist unüblich tiefschürfend für eine Comedy. Dass Simon Rich die Kombination aus Deep Talk und derben Witz jedoch drauf hat, bewies er bereits mit der empfehlenswerten Serie "Man Seeking Woman". 

Sollte noch ein Argument gebraucht werden, damit Sie einen Blick in diese wundervoll unkonventionelle Serie werfen: Daniel Radcliffe ist ebenso wie Steve Buscemi auf einem schauspielerischen Level, dass man sich wünschte, die 20-minütigen Folgen gingen in die Verlängerung. Er erinnert nicht eine Sekunde an den jungen "Harry Potter", sondern kommt wie ein gestandener Schauspieler daher, der eine Menge Facetten zu zeigen hat. Radcliffe steckt in der Rolle eines neurotischen Bürokraten, der sich kaum mit Liebe auskennt – dafür aber damit, wie man einzelne Schneeflocken zum Schmelzen bringt. Die Charakterkonstellation in "Miracle Workers" ist im Allgemeinen so schön vielfältig, dass selbst jeder Nebencharakter seine fünf Minuten Ruhm bekommt.

Für das ganz große Lob hat es beim visuellen Eindruck leider an gewissen Stellen an Budget gefehlt. Den Zuschauern sollte es derweil nicht an zynischem Humor fehlen - ohne diesen wäre der Spaß schnell vorbei. Sollten Sie diese Grundvoraussetzung mitbringen, stehen die Chancen gut, sich in diese Miniserie zu verlieben. Hoffentlich ebenso wie besagtes Pärchen, das für das Schicksal der Welt verantwortlich ist.

Die siebenteilige erste Staffel von "Miracle Workers" ist ab Dienstag, den 14. Mai jeweils um 20:15 Uhr bei TNT Comedy zu sehen.