Streit um das Jugendschutzprogramm "JusProg", das Kinder im Netz vor nicht altersgerechten Inhalten schützen soll. Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstleister e.V. (FSM) hat das Programm als Jugendschutzprogramm klassifiziert - und hat dafür nun einen Rüffel von der KJM erhalten. Von der Kommission heißt es, die FSM habe bei ihrer Beurteilung "die rechtlichen Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten". Die Einordnung als Jugendschutzprogramm sei unwirksam.

Zur Begründung der KJM heißt es, die FSM hätte bei ihrer Überprüfung dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass das Programm wesentliche Teile der Mediennutzung nicht erfasse, weil es ausschließlich für Windows-PCs mit Chrome Browser ausgelegt sei. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der KJM, erklärte: "Eine Eignung als Jugendschutzprogramm setzt voraus, dass dieses plattform- und geräteübergreifend funktioniert und sich am Nutzungsverhalten der Anwender ausrichtet. Andernfalls sind Kinder und Jugendliche gerade dort ungeschützt, wo sie sich in ihrem digitalen Alltag aufhalten und es würde eine signifikante Schutzlücke entstehen, die mit dem Ziel eines effektiven Jugendschutzes schlicht nicht vereinbar ist. Diese Aspekte hätte die FSM in ihrer Prüfung von JusProg berücksichtigen müssen."

Bei den Machern von JusProg kann man die Entscheidung nicht nachvollziehen. Durch die Entscheidung sei für den Jugendschutz in Deutschland wenig gewonnen, aber viel verloren, sagt der Vorsitzende des Vereins, Stefan Schellenberg. Der warnt nun vor einem "rückschrittigen, realitätsfernen und wirkungslosen Jugendschutz im Internet". Kinder, die bislang durch die JusProg-Software vor problematischen Inhalten geschützt würden, seien den Angeboten nun schutzlos ausgeliefert.

Aber auch von außenstehenden Verbänden kommt Kritik. Der Verband Privater Medien (VAUNET) etwa bedauert die Entscheidung der KJM. Mit ihrem Beschluss stelle die KJM die "Weiterentwicklung des technischen Jugendmedienschutzes und den hohen Stellenwert der regulierten Selbstregulierung in Deutschland in Frage", heißt es. Annette Kümmel, stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes und Vorsitzende des Fachbereiches Fernsehen und Multimedia, sagt: "Der Beschluss der KJM verpasst dem langjährigen Engagement zahlreicher VAUNET-Mitglieder, einen übergreifenden, in dieser Form einmaligen, technischen Jugendschutz im Onlinebereich zu etablieren, einen deutlichen Dämpfer. Die Sender sind von der Entscheidung betroffen, obwohl sie mit ihrem hohen Jugendschutzstandard sicher nicht im Fokus von Jugendschutzfragen im Internet stehen."

Auch vom Branchenverband Game kommt Kritik. "Mit diesem Schritt erweist die KJM dem Schutz von Kindern einen Bärendienst", sagt Game-Geschäftsführer Felix Falk, der auch dem JusProg-Vorstand angehört. "Die Entscheidung senkt das Jugendschutz-Niveau in Deutschland, während die Rechtsunsicherheit bei Anbietern und die Verunsicherung bei Eltern steigen. Nur ein Jugendschutzprogramm bietet Schutz vor problematischen Inhalten aus dem Ausland."