Ein Mitarbeiter des "Tagesspiegel" soll in den vergangenen Jahren junge Kolleginnen immer wieder bedrängt und zum Teil auch sexuell belästigt haben. Das geht aus einem Artikel von "Buzzfeed" hervor, der am Donnerstagnachmittag erschienen ist. Demnach hat "Buzzfeed" mit mehreren Frauen gesprochen, die entsprechende Vorwürfe erheben. Konfrontiert mit den Recherchen, hat der Verlag den Reporter bis zur endgültigen Klärung am Mittwoch freigestellt, das hat der Verlag mittlerweile auch in einer Mitteilung in eigener Sache bestätigt. 

"Tagesspiegel"-Chefredakteur Lorenz Maroldt sagt, dass bei Gesprächen in den vergangenen Tagen mehrere Frauen Vorwürfe gegen den Mitarbeiter erhoben hätten. In diesen Gesprächen seien außerdem die Namen weiterer Mitarbeiter gefallen, die sich unangemessen verhalten haben sollen. Der "Tagesspiegel" will nun eine Ombudsstelle einrichten, sowohl innerhalb des Verlags als auch in der Redaktion.

Konkret berichtet "Buzzfeed" von einer jungen Mitarbeiterin, die nach einer Feier mit dem Kollegen im Taxi nach Hause gefahren sei. Die beiden hätten sich das Auto geteilt, weil sie in die gleiche Richtung mussten. Im Taxi habe der Reporter der jungen Kollegin an die Brust gefasst. Laut "Buzzfeed" soll die Chefredaktion bereits 2012 über das Verhalten des Mannes informiert worden sein, habe aber "offenbar nur wenig unternommen". Lorenz Maroldt schreibt auf Twitter, damals sei eine Mahnung gegen den Mann ausgesprochen worden. Von den aktuellen Vorwürfen habe man erst durch die Anfrage erfahren. "Ich bin mir sicher, wären solche Vorwürfe bekannt geworden, hätten wir sofort das getan was wir jetzt tun: nämlich eine Ombudsfrau einzurichten", so Maroldt. Der beschuldigte Mitarbeiter bestreitet die Vorwürfe und spricht gegenüber "Buzzfeed" von einer Rufmordkampagne. Die Taxifahrt habe es demnach nicht gegeben.

Der Betriebsrat des "Tagesspiegel" will keine Kenntnis von Beschwerden bezüglich sexueller Belästigung haben. Gegenüber "Buzzfeed" erheben einige Mitarbeiter aber auch Vorwürfe gegen eben diesen Betriebsrat. Dieser sei ohnehin keine gute Anlaufstelle, weil unter anderem der Vorsitzende gerne Witze über Frauen mache, heißt es. "Natürlich hat auch das die relativ schnell gefasste Entscheidung die Institution einer Ombudsfrau zu gründen, befördert", sagt Chefredakteur Maroldt.