Auf seiner jüngsten Sitzung hat der Presserat insgesamt acht Rügen verteilt. Insbesondere die Berichterstattung zum Christchurch-Attentat dabei. "Bild.de" erhielt eine Rüge für die Veröffentlichung von Sequenzen aus dem Video, in dem der Attentäter im März die Tötung von über 50 Menschen live ins Internet übertragen hatte. Damit habe die Redaktion genau die öffentliche Bühne geboten, die er haben wollte. Der Presserat sieht darin einen Verstoß gegen Richtlinie 11.2 des Pressekodex, wonach die Presse sich nicht zum Werkzeug von Verbrechern machen darf.

Daran ändert nach Ansicht des Gremiums auch die Tatsache nichts, dass unter der Schlagzeile "17 Minuten Mordfeldzug" nicht die Taten selbst gezeigt wurden, sondern der mutmaßliche Mörder auf dem Weg zu den Moscheen und beim Laden seiner Waffen. Diese Bilder hätten jedoch gereicht, um Assoziationen zu erzeugen, die weit über das berechtigte öffentliche Interesse an dem Geschehen hinausgingen. Auch die detaillierte, dramatisierende Schilderung und drastische Bebilderung im Begleittext zum Video bedienten nach Ansicht des Beschwerdeausschusses überwiegend Sensationsinteressen.

"Bild.de" erhielt darüber hinaus noch eine rüge wegen Verletzung des Persönlichkeitsschutzes. Die Redaktion hatte unter der Überschrift "Anwältin: 'Opfer waren zur falschen Zeit am falschen Ort'" über einen Verkehrsunfall berichtet, bei dem ein junges Paar ums Leben kam. Veröffentlicht wurden in diesem Zusammenhang Vorname, abgekürzter Nachname und Alter sowie ein Foto des männlichen Opfers. Es habe kein öffentliches Interesse an dieser identifizierenden Darstellung bestanden. Die Hinterbliebenen hatten der Veröffentlichung nicht zugestimmt.

Identifizierende Berichterstattung war auch in anders gelagerten Fällen Grund für eine Rüge. Die "Nordwest-Zeitung" hatte etwa unter der Überschrift "Klinikum-Leitung bestechlich?" anonyme Strafanzeigen zu berichten und die Beschuldigten mit Foto und Namen zu zeigen, ohne diesen ausreichende Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Wenige Tage später wurde das Ermittlungsverfahren wieder eingestellt, die Betroffenen zuvor aber an den Pranger gestellt. Der Presserat sieht hier eine "massive Verletzung presseethischer Grundsätze". Die "Ostthüringer Zeitung" hatte über ein Bußgeldverfahren gegen einen Feuerwehrmann berichtet, der mit seinem Privatwagen auf dem Weg zum Einsatz geblitzt wurde. Zur Bebilderung war der Vollstreckungsbescheid mit Name und weiteren Daten der zuständigen Behördenmitarbeiterin zu sehen. Insbesondere, weil der Beschied nicht der Mitarbeiterin, sondern der Behörde zuzurechnen war, sei dies ein schwerer Versto gegen den Schutz der Persönlichkeit.

Andere Rügen beschäftigen sich mit Verstößen im werblichen Bereich. Bei "Bravo Sport" wurde ein allzu werblicher Artikel ("Legenden-Boot" für "Zauberfüße", "Geile Passform", "Innovation pur") für einen Fußballschuh, der die Grenze zur Schleichwerbung weit überschritten habe, vorgeworfen. "Brigitte" hatte der Markenbotschafterin für ein Schönheispräparat ausführlich Raum eingeräumt, von diesem zu schwärmen und obendrein noch ein Foto mit Preisangabe veröffentlicht. Und die Online-Ausgabe des "Merkur" hatte auch etwas zu euphorisch und ausführlich über ein Oster-Angebot von McDonald's berichtet. Ein generelles Problem scheint's bei "Rheinmain.Media" zu geben: Gleich mehrere Ausgaben der von RMM verantworteten Zeitungsbeilage "Wochenende!" enthielten demnach werbliche Texte, die nicht als solche gekennzeichnet waren. Sie liegt u.a. der "FR, Regionalausgaben der "FAZ" und der "Frankfurter Neuen Presse" bei.