Ein halbes Jahr nach ihrem Amtsantritt bei der Mediengruppe RTL Deutschland forciert die ehemalige "Bild"-Chefredakteurin Tanit Koch den Aufbau der neuen RTL-Zentralredaktion. "Bis­lang hat die Mediengruppe RTL sehr er­folg­reich in Sen­dungs-Formaten ge­dacht und ge­ar­bei­tet", sagte Koch in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Mit der neu­en Struk­tur kön­nen wir ein noch grö­ße­res Po­ten­ti­al nut­zen, weil wir in Res­sorts nun Kräf­te bün­deln und Res­sour­cen frei­set­zen, die sich bislang auf vie­le un­ter­schied­li­che Sendungs-Redaktionen ver­tei­len. Wir möch­ten un­se­re Sto­rys op­ti­mal im TV und di­gi­tal plat­zie­ren, um den Be­dürf­nis­sen der Men­schen, die uns ver­trau­en, noch bes­ser ge­recht zu wer­den."

Was man vorhabe, sei keine Quantenphysik, so Koch. "Wenn mehr Jour­na­lis­ten zusammensitzen, sitzt auch mehr Krea­ti­vi­tät zu­sam­men. Wir bau­en Res­sorts nach thematischen Schwerpunkten auf, dort wird re­cher­chiert und pro­du­ziert. Die journalistische Kompezenz ist da. Wenn wir sie ver­ei­nen, wer­den wir Wachstumsgeschichte schrei­ben. Und zwar nicht mit Ein­heits­brei, son­dern in­dem wir unterschiedliche re­dak­tio­nel­le Anforderungen de­fi­nie­ren." Die Transformation ziele nicht auf Stellenabbau und Sparprogramm, "sondern auf mehr Geschichten, mit denen wir mehr Menschen erreichen wollen". Ziel sei es, bis Weihnachten mit allen neuen Ressorts im operativen Modus zu sein.

In der "FAZ" sprach Tanit Koch, die nicht nur die "Inhalteherz" genannten Zentralredaktion leitet, sondern auch neue Chefin des Nachrichtensenders n-tv ist, außerdem über das neue Selbstverständnis, das Programm für aktuelle Nachrichten zu unterbrechen - auch bei RTL. "Wäh­rend in der ARD 'Sturm der Lie­be' lief, hat RTL die Pres­se­kon­fe­renz von Horst See­ho­fer zur Si­cher­heits­la­ge in Deutsch­land über­tra­gen. Als Not­re-Da­me in Flam­men auf­ging, ver­drei­fach­te n-tv den Ta­ges­markt­an­teil bei 14 bis 59 - weil wir innerhalb von Mi­nu­ten live aus Pa­ris ge­sen­det ha­ben."

Koch erinnerte in diesem Zusammenhang an einen Tweet des ARD-Chefredakteurs Rainald Becker, wonach man kein "Gaffer-TV" mache. "Die­se Ein­stel­lung fin­de ich bei einem Wettbewerber ganz, ganz groß­ar­tig. Mö­ge sie ihm lan­ge er­hal­ten blei­ben." Angst vor neuer TV-Konkurrenz durch die "Bild"-Zeitung hat sie indes nicht. "Wenn ei­ne star­ke Merke wie 'Bild' jetzt auch ins TV-Ge­schäft ein­stei­gen möch­te, zeigt das nur, wie re­le­vant und zu­kunfts­träch­tig Fern­se­hen ist. Un­ser gro­ßer Vor­teil liegt dar­in, dass Be­wegt­bild unsere Kern­kom­pe­tenz ist und der Gold­stan­dard des Di­gi­tal­zeit­al­ters. Ex­klu­si­ve Vi­de­os kann man nicht ab­schrei­ben, und sie las­sen sich bes­ser mo­ne­ta­ri­sie­ren."

Ihren Abschied von der "Bild" bereut Tanit Koch offenkundig nicht. "Ich ha­be bei 'Bild' alles er­reicht, was ich er­rei­chen konn­te. Die Ent­schei­dung zu ge­hen ha­be ich mir nicht leichtgemacht. Ich ha­be an ei­nem für mich wich­ti­gen Punkt nicht die Un­ter­stüt­zung von Ma­thi­as Döpf­ner er­hal­ten." Sie hätten darüber gesprochen und stünden weiter in Kontakt, "und es war sein gu­tes Recht als Vor­stands­vor­sit­zen­der von Axel Sprin­ger", erklärte Tanit Koch in der "FAZ". "Mein Recht war es, zu neu­en Ufern auf­zu­bre­chen. Und ich bin sehr froh, am rech­ten Rhein­ufer bei RTL und n-tv ge­lan­det zu sein, mit Dom­blick."