Ein Kontinent fährt runter, je nach Land und Regelung in unterschiedlicher Intensität, aber eine Botschaft gilt inzwischen überall: Zuhause bleiben. Das erhöht den Medienkonsum daheim, was sowohl steigende Zuschauerzahlen fürs lineare Fernsehen bedeutet, aber eben auch die intensivere Nutzung von Streamingdiensten wie Netflix.

Thierry Breton© imago images / Le Pictorium
EU-Kommissar Thierry Breton (Foto) besorgt seit Tagen die verstärkte Nutzung von datenintensiven Streamingdiensten angesichts eines Kontinents, der gleichzeitig millionenfach zum Arbeiten aus dem Home Office verdonnert ist. Am Mittwoch noch hatte er persönlich via Twitter dazu aufgefordert auf HD-Streams zu verzichten und wo möglich auf SD-Qualität zu wechseln.

Die Kommission rief Streaming-Anbieter auf, mit Providern zusammenzuarbeiten und ihre Bitraten anzupassen, um in der Corona-Krise das problemlose Arbeiten von zu Hause zu gewährleisten. Nun gab es das Gespräch auf höchster Ebene und nach dem telefonischen Austausch von Breton und Netflix-CEO Reed Hastings gibt es jetzt tatsächlich eine zunächst für einen Monat geltende Anpassung.



"Nach den Gesprächen zwischen EU-Kommissar Thierry Breton und Reed Hastings - und angesichts der außergewöhnlichen Herausforderungen, die das Coronavirus mit sich bringt - hat Netflix beschlossen, die Bitraten für alle unsere Streams in Europa 30 Tage lang zu senken", erklärt der Streamingdienst in einer Stellungnahme. "Wir schätzen, dass dies den Netflix-Verkehr auf Europa reduzieren wird Netzwerke um rund 25 Prozent und gewährleisten gleichzeitig einen qualitativ hochwertigen Service für unsere Mitglieder."

Trotz der Senkung der Bitraten sollen jedoch alle angebotenen Streamingqualitäten weiterhin verfügbar bleiben, also neben SD- und HD-Bildqualität auch die Streams in 4K-Qualität, wie ein Netflix-Sprecher auf DWDL.de-Nachfrage am Donnerstagabend betont. Es würde allerdings mit der geringstmögliche Bitrate gearbeitet. Unklar ist, ob auch Konkurrent Prime Video einen solchen Schritt gehen wird.

Es sind im Übrigen vorsorgliche Maßnahmen. Zuletzt hatte der in Frankfurt basierte Internet-Knotenpunkt DE-CIX, einer der größten der Welt, einen Anstieg des Datenverkehrs in Deutschland um zehn Prozent vermeldet und gleichzeitig Entwarnung gegeben: Damit sei man noch lange nicht an den Kapazitätsgrenzen.

"Selbst wenn alle Firmen Europas ausschließlich Homeoffice betreiben würden und nebenher noch die Fußball-EM übertragen wird, kann der DE-CIX die notwendigen Bandbreiten bereitstellen“, sagt ein Sprecher des DE-CIX-Betreibers gegenüber dem "Spiegel". Spürbar gestiegen sei übrigens insbesondere der Datenverkehr durch Videokonferenzen - um 50 Prozent binnen sieben Tagen.