Mit unterm Strich sieben Millionen neuen Abonnenten rechnete Netflix fürs erste Quartal 2020 - doch diese Schätzung wurde abgegeben, als sich keiner die massiven weltweiten Auswirkungen der Corona-Pandemie auch nur ansatzweise vorstellen konnte. Dass die Ausgangsbeschränkungen in weiten Teilen der Welt die Nutzung fast aller Medien und insbesondere auch der Streaming-Dienste nach oben schnellen lassen würden, war zu erwarten und spiegelt sich nun auch in den vorgelegten Quartalszahlen wider: Demnach gewann Netflix nicht sieben, sondern 15,8 Millionen zusätzliche zahlende Abonnenten binnen drei Monaten - so viele wie noch nie in einem Quartal.

Insgesamt waren es am 31. März weltweit schon knapp 183 Millionen Abonnenten, die für Netflix zahlten - das waren satte 22,8 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Am stärksten war das Wachstum im ersten Quartal in der Region Europa/Naher Osten/Afrika mit einem Plus von fast 7 Millionen Abos, doch auch im zwischenzeitlich schon fast gesättigt scheinenden Heimatmarkt USA/Kanada kamen 2,3 Millionen weitere Abos obendrauf.

Doch obwohl Netflix deutlich mehr Abonnenten hinzu gewinnen konnte als erwartet, lag das Umsatz-Wachstum "nur" im Rahmen der Schätzungen. Der Umsatz zog im 1. Quartal auf 5,77 Milliarden US-Dollar an. Das waren 27,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dass es nicht noch mehr wurde, lag unter anderem am starken US-Dollar. Netflix rechnet in seinem Brief an die Aktionäre vor, dass man beispielsweise in Brasilien trotz gleichbleibender Preise in Landeswährung umgerechnet in US-Dollar nur noch 6,50 statt 8,50 erlöse. Beim Netto-Gewinn lag Netflix mit 709 Millionen US-Dollar sogar leicht unter den Erwartungen des Marktes, auch wenn das im Vergleich zum 1. Quartal 2019 mehr als eine Verdoppelung war.

Neben dem Netto-Ergebnis lohnt bei Netflix auch immer ein Blick auf den sogenannten "Free Cashflow" - an dieser Zahl lässt sich ablesen, ob das Unternehmen wirklich Geld verdient, oder sich zur Finanzierung seiner gewaltigen Ausgaben für die Inhalte-Produktion immer weiter Geld durch neue Schulden besorgen muss. Bislang lag dieser Free Cashflow stets tief im Minus. Doch weil die Produktionen nun plötzlich weltweit quasi komplett zum Erliegen kamen und viele Projekte deutlich später fertig werden als geplant, blieb nun überraschend Geld in der Kasse. Der Free Cash Flow lag bei +162 Millionen US-Dollar, im 1. Quartal 2019 waren es noch -460 Millionen, im 4. Quartal gar -1,67 Milliarden. Auch generell rechnet Netflix nun damit, 2020 erheblich weniger Geld zu verbrauchen als gedacht: Der Free Cash Flow wird nun nur noch mit -1 Milliarde US-Dollar erwartet statt bislang bis zu -3,3 Milliarden.

Allgemein übt man sich bei Netflix darin, nun angesichts des starken Abonnenten-Wachstums nicht in unbändigen Jubel auszubrechen, sondern findet mahnende Worte. So hoffe man, dass der Kampf gegen das Virus so schnell voranschreite, dass die Ausgangsbeschränkungen bald wieder fallen - was dann wiederum bedeuten würde, dass die Nutzungszeit und das Abonnenten-Wachstum wieder zurückgehen werde. Netflix geht auch davon aus, dass durch die Corona-Krise ein Teil des für die nächsten Jahre erwarteten Wachstums nun quasi vorgezogen wurde, was in der Zukunft tendentiell zu etwas niedrigeren Wachstumsraten führen könnte. Echte Prognosen traut man sich allerdings kaum zu - das erwartete Abonnenten-Wachstum von 7,5 Millionen im 2. Quartal sei mehr oder weniger geraten und könne signifikant höher, aber auch signifikant niedriger ausfallen - schließlich ist auch nicht auszuschließen, dass die Menschen vom Fernsehen erstmal die Schnauze voll haben, wenn sie wieder das Haus verlassen und andere Freizeitaktivitäten wahrnehmen dürfen.