Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat angekündigt, Strafanzeige gegen die Journalistin Hengameh Yaghoobifarah stellen zu wollen. Grund dafür ist ihr umstrittener Text über die Polizei, der in der "taz" erschienen ist. "Ich werde morgen als Bundesinnenminister Strafanzeige gegen die Kolumnistin wegen des unsäglichen Artikels in der taz über die Polizei stellen", kündigte Seehofer in der "Bild"-Zeitung an.


"Eine Enthemmung der Worte führt unweigerlich zu einer Enthemmung der Taten und zu Gewaltexzessen, genauso wie wir es jetzt in Stuttgart gesehen haben. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen", so der Innenminister, der sich mit seinem Schritt wiederum selbst Kritik einhandelte. "Ein Innenminister, der eine Journalistin anzeigt, klingt nach Orban oder Kaczynski", schrieb etwa der der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, auf Twitter.

Zuvor hatten bereits mehrere Polizeigewerkschaften Anzeige gegen die "taz" wegen Volksverhetzung erstattet und eine Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht. Auslöser war eine in der vorigen Woche unter der Überschrift "All cops are berufsunfähig" erschiene Kolumne von Hengameh Yaghoobifarah, in der sie über eine mögliche Abschaffung der Polizei und mögliche alternative Arbeitsplätze für Polizisten nachdachte - darunter beispielsweise bei der Mülldeponie. Diese Formulierung hatte viel Kritik hervorgerufen.

"taz"-Chefredakteurin Barbara Junge äußerte sich inzwischen selbstkritisch. "Satire darf fast alles - sogar in ihrer Wortwahl danebengreifen", schrieb sie an die Leserinnen und Leser. "Aber Menschen, egal welcher Berufsgruppe, als Müll zu bezeichnen, widerspricht fundamental dem Selbstverständnis der taz, die sich einer menschlicheren Gesellschaft verschrieben hat. Eine Kolumne, so satirisch sie auch gemeint gewesen sein mag, die so verstanden werden kann, als seien Polizisten nichts als Abfall, ist daneben gegangen. Das tut mir leid."


Das Ringen in der Redaktion über den Text lege zugleich "einen tieferen Konflikt in der 'taz' offen", so Junge weiter. "Wir streiten darum, wie stark der subjektive Blick, wie stark Diskriminierungserfahrung den Journalismus prägen soll oder darf." Die Chefredakteurin kündigte im Zuge dessen an, den Konflik mit verschiedenen Beiträgen innerhalb der "taz" austragen zu wollen. Dafür suche man auch die Diskussion mit den Leserinnen und Lesern.