Die "New York Times" gehört zu den angesehensten Tageszeitungen auf der ganzen Welt. Journalisten des Blattes haben etliche Pulitzer-Preise gewonnen und die Macher immer wieder mit neuen Digitalprojekten auf sich aufmerksam gemacht. Zuletzt wurde bekannt, dass die Zeitung während der Coronakrise vor allem viele neue Digitalabonnenten gewonnen hat, insgesamt zählt man inzwischen rund 5,7 Millionen Digital-only-Abos. Im Netz macht die "New York Times" mehr als die Hälfte seines Umsatzes. Nun hat die "Gray Lady" aber Schlagzeilen mit einer Veränderung in der Print-Ausgabe gemacht. 

Ende August ist zum letzten Mal das lineare Programm von Fernsehsendern abgedruckt worden, inzwischen verzichtet man darauf. Zwar war das gedruckte TV-Programm nur noch in der New-York-Version der Zeitung zu lesen und nicht in der nationalen Ausgabe, spannend ist der Schritt trotzdem. Kulturredakteur Gilbert Cruz erklärte das Ende des gedruckten TV-Programms in der "Times" vor allem mit den veränderten Sehgewohnheiten der Zuschauer

Laut Cruz befinde man sich inzwischen im "Streaming-Zeitalter". Das abgedruckte TV-Programm würde nicht mehr die Art und Weise widerspiegeln, wie Menschen das Medium heute konsumieren würden. Tatsächlich hat die zeitversetzte Nutzung in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen, Netflix und Prime Video mischen den Markt auf und deren Inhalte können sich die Nutzer ansehen, wann sie wollen. Das ist auch in Deutschland nicht anders - hierzulande können die Zuschauer aber wohl noch eine Weile das lineare TV-Programm in ihrer Zeitung lesen. 


Gegenüber DWDL.de erklärt ein Sprecher der Südwestdeutschen Medienholding, in der die "Süddeutsche Zeitung" erscheint, dass man das TV-Programm auch weiterhin abdrucken werde. "Lineares Fernsehen hat in Deutschland eine hohe Relevanz, unsere Leserinnen und Leser schätzen den Abdruck des TV-Programms. Bei der 'SZ' gibt es deshalb zurzeit keine Diskussion darüber, das TV-Programm nicht mehr abzudrucken." Ähnlich äußert sich eine Sprecherin der "FAZ": Es gäbe bisher keine Überlegungen, das TV-Programm nicht mehr abzudrucken. 

Vom Axel Springer Verlag heißt es auf Anfrage, der Unterschied zur "New York Times" würde ja schon darin bestehen, dass "Welt" mit dem gleichnamigen Nachrichtensender und N24 Doku eigene TV-Sender habe und die "Bild" mit Bild Live ihr Bewegtbildangebot ausbaue. Das ist durchaus bemerkenswert, ist im Falle der vielen Live-Strecken und möglicher Änderungen in Breaking-News-Situationen bei Welt ein Abdruck des geplanten Programms ja ohnehin nur bedingt sinnvoll. Und bei Bild Live will man ja eben auch auf Ereignisse reagieren und dann spontan live gehen. 

Lineares Fernsehen hat in Deutschland eine hohe Relevanz, unsere Leserinnen und Leser schätzen den Abdruck des TV-Programms.
SZ-Sprecher

Bei Springer verweist man zudem darauf, dass "Bild" mit rtv eine Kooperation für das TV-Supplement "tvtv Magazin" hat, das dadurch jeden Freitag der "Bild" in rund 500.000 Ausgaben beiliegt. Auch da stellt sich erst recht die Frage: Wieso muss dann auch die Tageszeitung das TV-Programm abdrucken? Zumal "Bild" das in einem deutlich kleineren Rahmen macht als etwa "SZ" oder "FAZ". Das Boulevardblatt listet nur das Programm von ZDF, Das Erste, RTL, Sat.1, ProSieben, Vox, RTLzwei, Kabel Eins, einem Dritten Programm, Super RTL, Sky und eben Bild Live auf. Bei "SZ" und "FAZ" kommt noch das Programm von vielen Dritten und weiteren Spartenkanälen hinzu. 

Die "New York Times" spart mit dem Wegfall des TV-Programms

Ganz uneigennützig ist der Schritt der "New York Times" aber auch nicht. Durch das fehlende TV-Programm muss man bei der Zeitung künftig nur noch einen Kulturteil produzieren, der dann für das ganze Land gilt. Das spart Zeit und Geld. "Wir versuchen, den Produktionsprozess inmitten der Pandemie so weit wie möglich zu rationalisieren", sagt Tom Jolly, der bei der "New York Times" die Produktion der Zeitung überwacht. Dennoch sind auch die Hinweise auf die veränderten Sehgewohnheiten nicht von der Hand zu weisen. 

Erstmals erschienen ist das TV-Programm in der "New York Times" übrigens am 18. Mai 1939. Damals geschah das noch als Nachtrag zum Radioprogramm, zwischen 11 und 16 Uhr würden Filme laufen, erfuhren "Times"-Leser damals. 81 Jahre später ist nun Schluss mit dem TV-Programm in der Zeitung. Deutsche Zeitungsleser müssen aber vorerst keine Angst haben: Sie können auch in Zukunft noch das TV-Programm in "Bild", "Welt", "FAZ" und "SZ" lesen. Und auch die klassischen Programmzeitschriften sind weiterhin sehr beliebt und kommen nach wie vor auf viele Millionen Leser.