Es war der April dieses Jahres als Super RTL das große Jubiläum feierte - ohne tatsächlich feiern zu können, angesichts der Corona-Pandemie. In einem Interview zum 25. Geburtstag machte Geschäftsführer Claude Schmit - mitten im ersten Lockdown-  eine ungewöhnlich optimistische Aussage zur Geschäftsentwicklung; sprach im DWDL.de-Interview davon, dass die Bilanz für das Gesamtjahr schon nicht so schlimm kommen werde. Die Aussage fiel zu einer Zeit, in der um ihn herum viele Marktteilnehmer Prognosen kassierten. Super RTL, das gallische Dorf?

Claude Schmit © Super RTL Geschäftsführer Claude Schmit
Sechs Monate nach dem markigen Sprüchen wollen wir nachhaken und treffen Geschäftsführer Schmit und Chief Revenue Officer Thorsten Braun. "Ja, wir haben Werbeeinbußen und werden dort ein Minus von etwa acht Prozent verzeichnen", erklärt Schmit. "Diese Umsatzeinbußen können wir aber mehr als kompensieren. Das schaffen wir durch Kosteneinsparungen einerseits und unseren erfolgreichen Consumer Products-Bereich andererseits, der wesentlich besser performt als geplant." So weit, so undefinierbar.

Schmit legt allerdings nach: "Ich bin zuversichtlich, dass Super RTL einen Gewinn ausweisen wird, der über den Planungen liegt, die wir bereits weit vor Corona für dieses Jahr definiert haben. Der Oktober 2020 liegt in Sachen Werbeerlösen sogar über dem Vorjahresmonat in 2019. Und 2019 war das erfolgreichste Jahr unseres Bestehens. Wir erwarten auch für November und Dezember Erlöse in diese Richtung", sagt er mit dem Hinweis, dass man die Auswirkungen der gerade beschlossenen neuen Corona-Einschränkungen noch abwarten müsse.

Ein viertes Quartal, bei dem Schmit im Frühjahr noch hoffte, zumindest den Verlust in Grenzen zu halten, liegt aktuell sogar über Vorjahr. "Bei den Kindern wird zuletzt gespart", sagt Thorsten Braun, der Anfang diesen Jahres als Chief Revenue Officer von Disney zu Super RTL gewechselt ist. "Und durch diese Zielgruppe haben wir wenig Werbung von Branchen, die am härtesten getroffen wurden. Sei es Automobil, Luxusgüter oder Tourismus. Stattdessen viel Spielwaren, Consumer Electronics, Food, generell Fast Movig Consumer Goods, was uns abgrenzt von Sendern mit reinen erwachsenen Zielgruppen."

Old Fashioned Radio statt ganz großer App-Offensive

Neben dem klassischen TV-Geschäft, das der Sender weiter durch Koproduktionen mit TVNow um Show-Formate für Kids bzw. die ganze Familie ergänzen will, ist Super RTL vor knapp einem halben Jahr mit Toggo Radio on air gegangen. Eigentlich "old fashioned", wie auch Geschäftführer Schmit selbst sagt. "Mit der Reichweite sind wir noch nicht so richtig zufrieden, aber wir sind ja auch noch im Aufbau und erst ein paar Monate dabei", so seine erste Bilanz. Auch hier aber lägen die Werbeerlöse ausgerechnet im Sommer und Herbst 2020 über den Erwartungen. "Wir sind derzeit sogar ausverkauft", ergänzt Thorsten Braun. "Da könnte man normalerweise an den Preisen drehen, machen wir aber nicht, weil wir langfristig denken."

Thorsten Braun © Super RTL Chief Revenue Officer Thorsten Braun
Radio sei die einzige Mediengattung in der es fast keine Werbeumfelder gibt, mit denen gezielt Kinder erreicht werden können. Braun: "Attraktiv ist es für Kunden auch deshalb, weil Eltern laut unseren Befragungen das Hören von Radio nicht als Mediennutzung verbuchen, weil Kinder nebenher andere Dinge tun können. Damit darf Radio die jungen Hörer länger durch den Tag begleiten." Zusätzlich werden die täglichen Kindernachrichten "Täglich Toggo" inzwischen an andere Radiosender lizensiert. Für Schmit bedeutet das "eine Bestätigung der guten Arbeit, zusätzliche Markenbekanntheit für Toggo Radio sowie eine weitere Erlösquelle.“

"Wir verlieren weniger an klassischen Werbeerlösen als gedacht."

Claude Schmit

Diversifizieren will Super RTL schon lange, hatte vor zwei Jahren gar eine große Digital-Offensive angekündigt und eine ganze Vielzahl an App-Entwicklungen vorgestellt mit denen. Daraus geworden ist am Ende wenig. Ein angekündigtes Social Network für Kids wurde nie realisiert und der eigene Streamingdienst Kividoo wird zu Gunsten von TVNow aufgegeben. Mit "WoodieHoo" wollte Super RTL gar selber ins Animationsgeschäft, zunächst über eine Gaming-App. "Aber es war zu teuer und mit zu großem Risiko behaftet, daraus dann auch TV-Programm zu entwickeln", sagt Schmit heute.

Ist die Digitaloffensive mit der Super RTL zum Content-Hub werden wollte, gescheitert? Das weist Geschäftsführer Schmit entschieden zurück: "Unsere Content-Hub-Strategie haben wir in der Erwartung entwickelt, dass wir massiv an Werbeerlösen verlieren werden und deshalb Umsätze ersetzt werden müssen, beispielsweise durch Subscription-Modelle. Wir sehen aber im Kinder-Bereich, dass das nicht so eingetreten ist. Wir verlieren weniger an klassischen Werbeerlösen als gedacht. Aber natürlich werden mit der Zeit Erlöse ins Digitale abfließen." Deshalb bleibe man bei einer Multiplattform-Strategie.

Zu der auch der Ausbau des Lizenzgeschäfts gehört, das gerade erst durch einen Deal mit dem französischen Hachette-Verlag um die Vermarktbarkeit der Marke Asterix gewachsen ist. "Wir möchten den Deckungsbeitrag aus diesem Geschäftsbereich in den kommenden Jahren verdoppeln. Damit wäre er als zweitgrößte Erlös-Position nach den Werbeeinnahmen ein substanzieller Teil unseres Net Profits", sagt Schmit, der seit mehr als 20 Jahren Geschäftsführer den Sender führt. Wie lange er den Weg noch selbst begleiten wird, ist eine der spannenden Fragen.