Alexander Bickel © WDR/Annika Fußwinkel Alexander Bickel, Leiter Programmbereich Fernsehfilm, Kino und Serie im WDR
Der Filmkongress NRW kann Corona-bedingt in diesem Jahr natürlich wie so vieles ebenfalls nicht in klassischer Form, sondern nur online stattfinden. Nachdem am Dienstag bereits die Lage der Branche in Corona-Zeiten diskutiert wurde, geht es in einem zweiten Schwung an Video-Interviews heute unter anderem um die Online-Strategien der Sender. Ob öffentlich-rechtlich oder privat: Alle stehen vor dem gleichen Dilemma. Alexander Bickel, Leiter des Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie beim WDR, fasst es so zusammen: "Wie finanzieren wir den non-linearen Ausspielweg neben allem, was wir linear weiter machen?"

Florian Hager © SWR/Alexander Kluge Florian Hager, Channel-Manager ARD-Mediathek und stv. Programmdirektor
Derzeit setzen daher alle vor allem darauf, Inhalte zu produzieren, die sich für beide Ausspielwege eignen. Florian Hager, der als Channel-Manager der ARD-Mediathek explizit das Online-Angebot im Blick hat, stört das nicht. "Ich poche nicht auf Online Only", sagt er, und: "Die Inhalte, die wir für die Mediathek machen, sind ja durchaus sendbar. Sie sind für ein anderes Zielpublikum, aber diese Inhalte sind auch eine Möglichkeit, Das Erste ein bisschen zu renovieren." Mit "Oktoberfest 1900" und "Das Geheimnis des Totenwaldes" gebe es aus jüngster Vergangenheit auch zwei Beispiele, wie gut das gelingen kann, auch ohne den linearen Quoten zu schaden. Auch Henning Tewes, Co-Geschäftsführer von TVNow der Mediengruppe RTL Deutschland sieht in einer Online-First-Auswertung nicht notwendigerweise einen Schaden für die linearen Sender, vielmehr könnten sich die beiden Wege auch gegenseitig befruchten.

Henning Tewes © MG RTL D / Marina Rosa Weigl Henning Tewes, Co-Geschäftsführer TVNow
Auch wenn eine klassische lineare Auswertung weiterhin in den meisten Fällen folgen wird, schafft man sich und den Produzenten mit den Mediatheken neue Möglichkeiten. "Für die Produzenten bedeutet das große kreative Freiheit, weil sie ohne eine Schranke im Kopf die Stärke der Geschichte in den Vordergrund rücken können, ohne an Sendeplatz oder Plattform zu denken", sagt Henning Tewes. Alexander Bickel schlägt in die gleiche Kerbe: "Wir müssen stärker denn je vom Produkt her denken. In einer Welt, die rein linear war, ging es viel um Routine, um ein Programmschema, das zu befüllen ist." Jetzt gehe es viel stärker um gute Ideen und gute Stoffe. Beim WDR traue man sich nun auch an Produktionen, die man früher so nicht umgesetzt hätte, weil sie linear nicht so richtig prominent untergebracht werden könnten. In der Mediathek könne man solche Inhalte hingegen sehr selbstbewusst und sichtbar platzieren. Ein Beispiel ist hier die vielgelobte deutsch-französische Serie "Parlament".

Dass die Mediengruppe RTL plötzlich eine ähnliche Serie, die in großen Teilen auf französisch mit deutschen Untertiteln daher kommt, produzieren wird, scheint recht unwahrscheinlich. "Wir sind nicht für die Nische zu haben, das ist nicht unser Metier, da kommen wir nicht her. Wir wollen wirklich breite Stoffe haben, die die Menschen emotional berühren und mitnehmen", erläutert Henning Tewes, der übrigens nicht nur an Serien, sondern auch an Filmen Interesse anmeldet. "Wir sind auch für Einzelstücke sehr offen", so Tewes.

Mehr zu den anvisierten Zielgruppen, dem Wettbewerb mit den US-Playern und den Herausforderungen, der ARD-Mediathek Personalisierungsfunktionen beizubringen, erzählen Florian Hager, Alexander Bickel und Henning Tewes beim Filmkongress NRW Online.

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