Die Berichterstattung von RTL über eine Familientragödie in Solingen aus dem vergangenen Jahr hat nun auch die Medienhüter beschäftigt. Die Niedersächische Landesmedienanstalt (NLM) beanstandete auf Beschluss der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) einen "Verstoß gegen die anerkannten journalistischen Grundsätze".

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Im September hatte eine 27-jährige Mutter mutmaßlich fünf ihrer Kinder betäubt und erstickt. Ein sechstes Kind, ein elfjähriger Junge, überlebte und tauschte sich via WhatsApp und offenbar Telefonaten mit mindestens einem Freund aus. Noch am gleichen Tag stand dieser "Freund" dann mit Zustimmung seiner Mutter vor der RTL-Kamera und berichtete von dem WhatsApp-Chat. Der Kölner Sender hatte das Vorgehen zunächst mit "berechtigtem öffentlichen Interesse" gerechtfertigt.

Erst später räumte der Sender einen Fehler ein. "Wir bedauern, dass in diesem Fall unter anderem der volle Namen des Jungen genannt wurde und entschuldigen uns dafür", hieß es damals in einem Statement. Jetzt folgt also die Beanstandung der NLM, gegen die RTL nach DWDL.de-Informationen nicht vorgehen wird. Theoretisch hätte der Sender die Möglichkeit, innerhalb eines Monats beim Verwaltungsgericht Hannover Klage zu erheben. Doch dazu wird es nicht kommen. "Wir haben bereits frühzeitig eingeräumt, dass wir bei der Berichterstattung Fehler gemacht haben und hier unseren eigenen journalistischen Ansprüchen nicht vollauf gerecht geworden sind", erklärte eine Sprecherin am Dienstag gegenüber DWDL.de.

Die niedersächsischen Medienhüter kritisierten, dass RTL "die besonders gebotene Zurückhaltung bei der Recherche gegenüber Kindern missachtet" und damit gegen den Medienstaatsvertrag in Verbindung mit dem Pressekodex verstoßen habe. Darüber hinaus habe in der Einblendung des Vor- und Nachnamens des interviewten Freundes und der Nennung des Namens und Alters des überlebenden Jungen eine unzulässige identifizierende Berichterstattung vorgelegen. 

Mit der Berichterstattung über die Familientragödie hatte RTL viel Kritik auf sich gezogen und in Folge dessen auch die eigene Arbeitsweise hinterfragt. So wird sich der Sender nach DWDL.de-Informationen auch in den kommenden Wochen noch einmal mit den Lehren aus der Solingen-Berichterstattung beschäftigen. Im Zusammenhang mit der Tragödie hatte im vorigen Jahr bereits der Presserat Rügen gegen "Bild", "Süddeutsche Zeitung" und "Rheinische Post" ausgesprochen.

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