Am Ende des Gesprächs musste Markus Lanz erst einmal durchatmen. "Ich bin nach dieser Diskussion mit Ihnen völlig nass geschwitzt", sagte der Moderator zu Reiner Haseloff. "Ich weiß nicht, ob das an Ihnen liegt oder am Ingwerwasser." Zuvor hatte sich Lanz mit dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt über viele Minuten hinweg einen bemerkenswerten Schlagabtausch geliefert, bei dem der CDU-Politiker viele wichtige Themen miteinander vermischte, nämlich die Corona-Strategie und die Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in der in den vergangenen Monaten vor allem die CDU in Sachsen-Anhalt eine unglückliche Figur machte. 

In der Lanz-Sendung war das nun nicht anders. Als es in dem ZDF-Talk um die Skepsis am Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca ging, wies Haseloff auf die Verantwortung von ARD und ZDF hin. "Sorgen Sie dafür, dass jeden Tag eine halbe Stunde Aufklärung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen läuft, damit die irrationalen Ängste weg sind, damit es uns gelingt, diese Verimpfungen möglich zu machen und damit auch Leben zu retten", sagte der Ministerpräsident zu Lanz, dem man angesichts dutzender Sendungen zur Corona-Pandemie nun wahrlich nicht vorwerfen kann, das Thema in den vergangenen Monaten nicht ausreichend beleuchtet zu haben. 

"Wir machen das hier", erwiderte Lanz daraufhin sichtlich erstaunt. "Schon die ganze Woche werbe ich hier für AstraZeneca." Haseloff wollte sich damit jedoch nicht zufrieden geben. "Wer guckt denn so spät? Das sind doch im Prinzip zu wenige", polterte der zugeschaltete Politiker und forderte, die Sendung auf 20:15 Uhr oder nach die "heute"-Nachrichten zu verlegen - ganz so, als hätten ARD und ZDF auf diesen Sendeplätzen in der Vergangenheit keine Corona-Sondersendungen ausgestrahlt.

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Markus Lanz ließ sich auf die Debatte ein. "Ganz kurz fürs Protokoll", sagte der Moderator und erinnerte mit Blick auf die vorerst ausgebliebene Erhöhung des Rundfunkbeitrags daran, dass das Thema Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk "im Zusammenspiel mit Sachsen-Anhalt ein durchaus sensibles Thema" sei. Haseloff wiederum verwies daraufhin auf den Bildungsauftrag. "Deshalb gehört diese Sendung, die auch einen Bildungscharakter hat, nach vorne und ein Quiz oder was weiß ich für eine Sendung gehört nach hinten - für diejenigen, die nicht einschlafen können." Tatsächlich ist im - auch von Sachsen-Anhalt mitgetragenen - Medienstaatsvertrag keineswegs nur vom Bildungsauftrag die Rede. Vielmehr heißt es darin, die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hätten "der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen".

"Da findet genau diese Art von Aufklärung statt"

Einmal angestachelt, konterte Lanz weiter: "Ich will wirklich nicht klugscheißern", sagte er und verwies darauf, dass seine Sendung in der Spitze bis zu zweieinhalb Millionen Menschen erreiche. "Das ist ja nicht nichts zu dieser sehr späten Uhrzeit", so Lanz, der dann auch noch auf die "Tagesschau" oder das "heute-journal" mit teils mehr als sechs Millionen Zuschauern verwies. "Da findet genau diese Art von Aufklärung statt", betonte der Moderator. "Ich weiß nicht, ob das für Sie nichts ist." Aber auch dieses Argument wollte Reiner Haseloff nicht gelten lassen. Stattdessen verwies der Ministerpräsident auf 60 Millionen Menschen, die geimpft werden müssten, um eine Herdenimmunität zu erreichen. "Wir brauchen einen Faktor 10", sagte Haseloff mit Blick auf die von Lanz angesprochenen Quoten. "Das ist Ihre Marschrichtung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk."

Und auch hier erntete Haseloff Widerspruch von Lanz. "Ich will da nicht unnötig polemisieren, aber es ist nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der daran schuld ist, dass in Deutschland nicht geimpft wird", sagte er. Schuld sei "in erster Linie die Bundesregierung, die es nicht geschafft hat, den Impfstoff zu bestellen". Als Haseloff schließlich sagte, der Impfstoff sei vorhanden und man müsse ihn nur verimpfen, legte Lanz noch einmal nach: "Nein, haben wir nicht", erwiderte der gut aufgelegte ZDF-Talker und stellte eine einfache Rechnung auf: "Sie sind Mathematiker und Physiker. 83 Millionen Deutsche, wir haben 1,2 Millionen Dosen AstraZeneca herumliegen. Das war's im Wesentlichen."

Wie damit die von Reiner Haseloff angestrebte Herdenimmunität erreicht werden soll, ließ der Ministerpräsident offen. Immerhin ist nach diesem Gespräch aber zumindest einigermaßen klar, wie in Sachsen-Anhalt Medienpolitik gemacht wird.