Unter der Überschrift "Neue alte Probleme beim WDR" berichten die Kollegen von "Übermedien" (€) am Donnerstag über bislang in der Öffentlichkeit nicht bekannte Fälle von sexueller Belästigung beim Sender. Darüber hinaus geht es aber auch allgemein um Probleme in der Struktur, die der Sender 2018 aufgebaut hatte, damit sich Betroffene bei Stellen melden können, wenn sie Opfer von Übergriffen geworden sind. Auch wenn sich in den neuen Fällen die Betroffenen gemeldet haben, läuft offenbar nicht alles rund. 

Doch der Reihe nach: Wie "Übermedien" berichtet, gibt es zwei neue Fälle von sexueller Belästigung beim WDR. Das bestätigt der Sender auch auf Nachfrage von DWDL.de. In einem Fall wurde einem Mitarbeiter "sehr deutlich gemacht, dass dieses Verhalten nicht geduldet wird und in Zukunft nicht mehr vorkommen darf". Zudem seien "konkrete Maßnahmen" getroffen worden, wobei der WDR offen lässt, um welche Maßnahmen es sich handelt. Der zweite Fall werde derzeit von den zuständigen Kollegen aufgearbeitet, daher gibt es hier noch keine Sanktionen. 

Im Zuge der Aufklärung der Fälle von sexueller Belästigung im Jahr 2018 ist eine neue Dienstvereinbarung entstanden, die am 1. März 2019 in Kraft trat. Diese umfasste erstmals neben sexueller auch diskriminierende Belästigung, Benachteiligung, Machtmissbrauch und Mobbing - und deren Umgang damit. Es wurde intern eine zentrale Stelle für Beschwerden eingerichtet, zusätzlich konnten sich Betroffene auch an externe Stellen werden, wenn sie, in welcher Form auch immer, benachteiligt oder belästigt worden waren. Am Ende sollte stets eine Clearingstellen, angedockt an die Intendanz, Entscheidungen treffen. 

Wie "Übermedien" berichtet, besteht die interne Beschwerdestelle in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr. Der WDR teilt auf Anfrage mit, dass der Prozess in der Theorie gut gewesen sei, sich in der Praxis aber nicht bewährt habe. "Das Verfahren ist zu komplex." Daher habe der Personalrat die Dienstvereinbarung im Herbst 2020 gekündigt. Bis es eine neue Regelung gibt, gilt die alte Dienstvereinbarung und vom WDR heißt es, jeder Beschwerde werde "konsequent nachgegangen." Wie lange es dauert, eine neue Dienstvereinbarung auf den Weg zu bringen? Unklar. "WDR-Justiziarin Eva-Maria Michel, Personalchef Kurt Schumacher und Kolleg*innen aus dem Personalrat erarbeiten derzeit, wie die Abläufe im Interesse der Mitarbeiter*innen vereinfacht und beschleunigt werden können", heißt es vom WDR auf DWDL.de-Anfrage. 

"Übermedien" zitiert am Donnerstag auch aus dem Jahresbericht der Beschwerdestelle - und die Passagen sind nicht gerade schmeichelhaft für all die, die die neuen Prozesse 2018 eingeführt hatten. So sollen zwischen März 2019 bis Februar 2020 insgesamt 52 Anliegen eingebracht worden sein. Am Ende landeten davon aber nur 6 Fälle vor der Clearingstelle. In dem Jahresbericht heißt es dazu, dass bei manchen Beschwerdeführerin der Eindruck entstanden sei, dass der Konflikt eher eskaliert als deeskaliert worden sei. "Ebenfalls zogen Kolleg*innen für sich das Fazit, dass sie sich mit dem Verfahren selbst geschadet haben", so das bittere Fazit in dem Bericht. Und auch an der Clearingstelle wird in dem Jahresbericht Kritik geübt. Diese etwa sei Empfehlungen nicht gefolgt, weil sie eine eigene juristische Prüfung der Vorfälle vorgenommen habe. "Es hat sich gezeigt, dass es zwischen Beschwerdestelle und Intendanz (Clearingstelle) unterschiedliche Vorstellungen über die Ausgestaltung der Arbeit und über die Bewertung von Beschwerden gibt", heißt es in dem Bericht. 

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